#1 ANTWORT
Das Dilemma der Liebe in unserer Zeit sei nicht das Fehlen von Freiheit oder von mangelnden Möglichkeiten, unser Leben individuell zu gestalten. Sondern der tiefe Schlaf, in dem wir liegen und der verhindert, dass wir den immensen Freiraum nutzen, der uns zur Verfügung steht. Das schreiben Lisa Fischbach und Holger Lendt in »Treue ist auch keine Lösung«. Wir seien aus biologischer, soziologischer und gesellschaftlicher Hinsicht unfrei in unserer Wahrnehmung, was die Liebe anbetrifft. Freiheit könne, so die Autoren, sehr heilsam für Beziehungen sein. Freiheit drücke sich aber nicht in einem Modell mehr aus als in einem anderen, Freiheit bedeute, dass sich die Zahl der Liebesoptionen erhöhe. Die Freiheit, die Fischbach und Lendt postulieren, bezieht sich nicht darauf, ob jemand treue Zweisamkeit praktizieren oder ein offeneres Konzept von Beziehungen leben möchte, sondern ob derjenige die innere Freiheit besitzt, wirklich über seinen eigenen Liebesstil nachzudenken und dann entscheiden zu können, wie er oder sie lieben will. Liebe braucht demnach so viel Freiheit, wie jeder einzelne braucht, um seine individuelle Liebesart zu wählen – frei von Zwängen und äußerem Druck.
#2 ANTWORT
Auf jeden Fall müsse die Liebe frei von Eifersucht sein, findet Thomas Deutschbein. Denn Eifersucht sei das Resultat einer Vielzahl von negativen Gefühlen, die genährt werden von der Angst, den anderen zu verlieren. Die grundlegendste Erwartung in fast allen Partnerschaften sei die nach sexueller Ausschließlichkeit oder Treue, schreibt Deutschbein in »Freiheit von der Eifersucht«. Und diese Erwartung sei so fundamental, dass sie gar nicht zur Diskussion stehe. Eifersüchtige sehen in manchen Situationen einen regelrechten Bruch dieses stillschweigend geschlossenen Vertrages, auf den sie entsprechend verletzt, wütend und panisch reagieren. Die Liebe verträgt diese Einengung aber ziemlich schlecht, laut Deutschbein könne man dem anderen erst dann Freiheit, sich selbst und seine eigenen Möglichkeiten zu leben, zugestehen, wenn man eine gewisse Kontrolle über die eigenen Bedürfnisse habe. Und nicht den anderen zum Herr und Gebieter über das gesamte emotionale Spektrum heranzüchte. Erst wenn man dieses liebevolle Loslassen erlernt habe, könne man befreit lieben. Und genau so viel Freiheit braucht die Liebe eben auch.
#3 ANTWORT
»Wahre Liebe lässt frei!« - so heißt der Titel des Buches von Robert Betz, in dem er ausführlich darlegt, warum die Liebe Freiraum braucht und wie viele Facetten diese Freiheit hat. Die meisten Menschen, schreibt er, denken: Wenn man einen Menschen für sich haben möchte, dann muss man dafür bezahlen und zwar mit einem gewissen Maß an Unfreiheit. Man müsse Kompromisse eingehen und Opfer bringen. Das sei falsch gedacht, sagt Betz. Wir allein sind verantwortlich für unsere Freiheit in der Liebe, keiner kann uns zwingen, sie aufzugeben. Den meisten Menschen mache Freiheit zudem Angst, sie fürchten um die Liebe und die Beziehung, wenn sie sich gegenseitig Freiheit gewähren. Nicht nur in Bezug auf Liebesentscheidungen, sondern vor allem hinsichtlich der Persönlichkeit. Erst, wenn man den anderen so lassen kann, wie er ist, liebt man ihn wirklich. Freiheit in der Liebe definiert Betz vornehmlich als Gefühlsfreiraum – und die innere Einsicht, dass Liebe nicht erzwungen werden kann, sondern freiwillig gegeben und auch empfangen wird.
#4 ANTWORT
Niemals zuvor in der Geschichte genossen Menschen so große Freiheiten in Bezug auf ihre Sexualität und ihr Beziehungsleben wie heute – findet Oliver Schott. Trotz dieser offensichtlichen Liberalität hält sich aber hartnäckig eine Unfreiheit, die wir uns selbst auferlegen. Toleranz und Offenheit, Kernelemente der Freiheit auch in der Liebe, haben in der Realität engere und rigidere Grenzen als es dem aufgeklärten Selbstbild unserer Gesellschaft enstpricht. Und Freiheit verunsichert viele Menschen, weil jeder sie für sich selbst gestalten muss, gerade in der Liebe. Was fange ich mit meiner eigenen Freiheit an?, mögen sich viele Menschen fragen. Dazu gehört natürlich, schreibt Schott in »Lob der offenen Beziehung«, dass man Freiräume erkennt und sie nutzt. Für ihn besteht die Freiheit auch darin, dass wir uns darüber klarwerden, dass Monogamie keine natürliche Gegebenheit ist, sondern eine gesellschaftliche Norm, die uns anerzogen und aufgezwungen wird. Wir müssen lernen, dass es viele Beziehungsmodelle nebeneinander gibt und jeder die Wahl hat, frei zu wählen, wie er seine Liebe(n) leben möchte.
#5 ANTWORT
Die Sehnsucht, mit einem anderen Menschen eins zu sein und auf Dauer eins zu bleiben, betrachtet Michael Mary als ein zweifellos starkes Motiv zur Paarbildung. Verliebte suchen zunächst einmal die Nähe zum Anderen, ihre sogenannte Freiheit geben sie dann ganz freiwillig auf – vermutlich, ohne groß darüber nachzudenken. Wenn sich mit der Beziehungsdauer die Leidenschaft etwas gelegt hat, wird aber eine andere Sehnsucht wieder spürbarer: Nämlich der Drang zur Individualität und Selbstverwirklichung. Partner wollen ihre Individualität heutzutage nicht mehr auf dem Altar der Paareinheit opfern, schreibt Mary in »Mythos Liebe«. Das liege einerseits daran, dass sich der Sinn und Zweck von Partnerschaften im Laufe der Jahrhunderte geändert hat. Andererseits auch an den Ansprüchen, die wir an die Beziehung und an uns selbst stellen. Liebe und Partnerschaft verfolgen dabei unterschiedliche Ziele: In der Partnerschaft tun sich zwei zusammen, um ihr Leben gemeinsam zu organisieren. In der Liebe dagegen tun sich zwei zusammen, denen die Liebe geschieht, so Mary. Liebe könne man nicht erzwingen oder verhandeln, sie entziehe sich dem bewussten Wollen. In unserer Terminologie gesprochen, ist sie frei, sie lässt sich nicht binden. Folgt man Michael Mary, dann braucht die Liebe viel Freiheit – quantitativ oder qualitativ lässt sie sich aber kaum erfassen, es hängt letztlich von den Partnern und deren Bedürfnissen ab.
#6 ANTWORT
Freiheit ist Interpretationssache. Ist damit gemeint, dass man den anderen tun lässt, was er will, dass man ihm Seitensprünge und Affären zugesteht, in getrennten Betten schläft oder nicht in der gleichen Wohnung lebt? Liest man bei Wolfgang Krüger nach, dann ist das auch eine Frage des austarierten Verhältnisses von Nähe und Distanz in Beziehungen. In »Freiraum für die Liebe« formuliert der Psychologe, was hilfreich sein kann, den Nähe-Distanz-Konflikt in Beziehungen positiv zu lösen. Man solle sich gegenseitig Freiräume zugestehen und die Distanzwünsche des anderen zu erkennen versuchen. Nur wenn wir dem Partner die von ihm gewünschte Distanz ermöglichen, enstehe Nähe, schreibt Krüger. Dazu gehört, dass man nicht zu sehr auf den anderen angewiesen ist. Man solle eigene Freundschaften pflegen und auch gerne mal etwas alleine machen. Es ist wichtig, sich auch außerhalb der Beziehung Anerkennung zu holen und nicht alles dem Partner abzuverlangen. Auch wer immer (aus Liebe) auf die Wünsche des anderen eingeht, wird nicht unbedingt Nähe ernten. Denn wenn man derart bedrängt wird, kann keine Sehnsucht entstehen. Zuviel Sicherheit und Harmonie könnten auch dazu führen, dass die Beziehung träge werde. Und wir müssen dem anderen seine Autonomie lassen: Wenn wir die Freiheit des Partners einschränken, etwa indem wir ihn kontrollieren und eifersüchtig reagieren, zerstören wir damit die Grundlagen der Liebe. Denn die ist bekanntlich ein Kind der Freiheit. Absolut kontraproduktiv ist da, wenn man den Partner zum alleinigen Mittelpunkt des Lebens macht und an der Überzeugung festhält, ohne ihn könne man nicht sein. Das ist dann Freiheitsberaubung der Liebe, sozusagen.
DAS SAGT DIE STATISTIK
Man kann es romantisch verklärt sehen und Liebe als ein Kind der Freiheit betrachten. Aber man kann es auch ganz banal angehen: Bei der Freiheit in der Liebe geht es darum, dass man den anderen nicht völlig vereinnahmt, ihm Raum für Eigenes gibt. Und das schlägt sich dann auch im Paaralltag nieder, in dem viele Menschen Freiheit für sich beanspruchen. So ergab eine Studie der Online-Partneragentur Parship, dass 17 Prozent der Befragten wichtige Entscheidungen auch ohne ihren Partner treffen. Ein Rückzugsort ist für deutsche Paare enorm wichtig: Ganze 73 Prozent brauchen einen eigenen Raum in der gemeinsamen Wohnung, für 21 Prozent der befragten Frauen ist dieser Raum ihr eigenes Schlafzimmer. 83 Prozent der Befragten möchten ihren Hobbys ohne den Partner nachgehen. 80 Prozent legen Wert auf einen eigenen Freundeskreis. Unabhängigkeit und Privatsphäre sind auch sehr wichtig: 55 Prozent der Befragten möchten ein eigenes Bankkonto. Geheimnisse, seien es kleine oder große, sind für ganze 20 Prozent der Befragten trotz Beziehung völlig in Ordnung. Besonderen Wert legen deutsche Paare auch auf ihre Intimsphäre: 70 Prozent wollen im Badezimmer in Ruhe gelassen werden und bestehen überdies auf eine geschlossene Tür.
Was ist der Schlüssel zu dauerhaften Partnerschaftsglück?
Was machen Paare, die über mehrere Jahrzehnte Seite an Seite liebend durchs Leben gehen, anders als andere? Und worin liegt die Glücksformel für erfolgreiche Beziehungen?
Expertenantworten: 5 | Thema: Beziehungsglück
Kann Untreue auch eine Chance für Liebe sein?
Sind die Folgen eines Seitensprungs zwangsläufig immer ein Risiko für die Liebe oder gibt es auch positive Aspekte?
Expertenantworten: 6 | Thema: Untreue
Kann ich zwei oder mehr Menschen gleichzeitig lieben?
Ist es möglich mehrere Menschen in sein Herz zu schließen und das auch auf Paarebene? Und kann man zugleich verschiedene Lieben leben?
Expertenantworten: 7 | Thema: Ich habe eine Affäre