DIE HALTBARKEIT DER LIEBE: WIE LANGE KÖNNEN SICH ZWEI MENSCHEN GENÜGEN?

Vergleich: Glückliche und unglückliche Beziehungsjahre als Paar

Gute Zeichen, schlechte Zeichen: Was Paare lange verbindet und was sie schnell trennt

Wie halten es Paare eigentlich über lange Zeit miteinander aus? Wie kann junges Liebesglück möglichst alt werden? Was gehört zu einer guten Beziehung, was treibt jede noch so große Liebe in den Partnerschaftsruin? Diesen Fragen widmen wir uns hier. Aber Vorsicht: Die Antworten sind keinesfalls Ratschläge mit Erfolgsgarantie – wir fassen lediglich Untersuchungsergebnisse und Expertenstatements zu Beziehungsglück und -unglück zusammen.

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Manchmal bleibt länger zusammen, wer augenscheinlich gar nicht zusammenpasst. Und bisweilen trennen sich Partner, bei denen alles so vielversprechend aussieht, schneller, als man bis drei zählen kann.

Wie lange und wie viel können sich zwei Menschen genügen, das fragt auch der Hamburger Psychologieprofessor Wolfgang Hantel-Quitmann in seinem Buch »Liebesaffären«. Menschen kommen in die Jahre, aber ebenso altern Partnerschaften – wo ist da das Liebeslimit, wann sterben Liebende vor Langeweile, Routine und mangelnder gegenseitiger Herausforderung einen paarpsychologischen Tod? Diese pointiert formulierte Frage von Wolfgang Hantel-Quitmann lässt sich kaum pauschal beantworten. Schließlich hängt es ja auch immer mit unseren individuellen Ansprüchen, Erwartungen und Vorbelastungen zusammen.

Sie können sich wünschen, ewig mit Ihrem Partner zusammenzubleiben. Aber eine Garantie darauf gibt es kaum. Auch nicht ein pauschales Richtig oder Falsch – Sie können faktisch alles ganz prima machen, trotzdem kann Ihre Beziehung den Bach runter gehen. Denn nicht nur die Zeiten ändern sich, auch Sie und Ihr Mann bzw. Ihre Frau entwickeln sich mit den Jahren – manchmal gemeinsam, oft aber auch alleine, jeder für sich.

Jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden, Paare trennen sich immer schneller, die durchschnittliche Dauer einer Ehe liegt derzeit bei 13,4 Jahren – können Sie diese niederschmetternden Fakten auch nicht mehr hören? Das ist so frustrierend und hängt doch wie ein Damoklesschwert über unseren Partnerschaften: Wann ist es auch bei uns soweit, fragen Sie sich vielleicht manches Mal, wann stehen auch wir vor dem großen schwarzen Liebesloch?

Hat sich das mit der Verliebtheit erst einmal gelegt, dann tun sich bisweilen Abgründe auf: Durchhaltevermögen, Standhaftigkeit, mangelnde Alternativen und Bequemlichkeit sind dann wichtiger als Leidenschaft, denn die verdünnisiert sich bei den meisten Paaren nach einigen Jahren.

Haben Beziehungen ein natürliches Verfallsdatum?

Wird es nach 7 Jahren schwierig oder dann, wenn Kinder da sind? Hat sich das mit der berauschenden Wirkung des Hormoncocktails nach 1 oder 2 Jahren? Und gibt es einen Zeitpunkt, an dem in den meisten Partnerschaften die Liebesluft angesichts des Alltagstrotts, der Sexgewöhnung und der daraus resultierenden Langeweile eigentlich zwangsläufig raus ist?

Das Haltbarkeitsdatum von Beziehungen lässt sich kaum bestimmen, wann eine Liebe »um« ist, ist nicht voraussehbar. Experten halten sich da bedeckt, auf konkrete Zahlen und Halbwertszeiten will sich kaum einer festlegen. Logo: Das mit der Liebe und den Beziehungen ist so eine Sache, wie und warum zwei Menschen langfristig gemeinsam durchs Leben schreiten, ist ja auch sehr unterschiedlich, entsprechend unsicher sind mögliche Prognosen. Zudem wandeln sich Partnerschaften: Aus brennender Leidenschaft wird Geborgenheit, aus Aufregung Gemütlichkeit – mitunter stellen sich erst mit der Zeit und dem Abflauen extremer Emotionen tiefere Liebesgefühle ein, die letzlich eine Langzeitpartnerschaft eher begünstigen als Sexgier und Co. Erfolgsrezepte gibt es defintitv nicht. Aber etliche Untersuchungen belegen, dass es Anzeichen gibt, die darauf hindeuten, dass die Sache nicht gut gehen kann. Und es gibt Verhaltensmuster, Gewohnheiten und…nun ja…nennen wir es mal »Unarten«, die einem zufriedenstellenden Liebesmiteinander über kurz oder lang dann doch den Garaus machen.

So kann's gehen: Gut riechen, schöne Illusionen pflegen und in Maßen Händchenhalten

Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht – das Sprichwort mag in diesem Zusammenhang ein wenig makaber klingen, trifft es aber doch irgendwie auf den Punkt. Eine Liebesbeziehung hält solange, bis sie zerbricht. Wann und wie das geschieht, können Sie vielleicht nur bedingt steuern. Aber Sie können die zerstörerische Kraft verschiedener Paarereignisse unter Umständen entschärfen. Etwa, wenn Sie die folgenden Aspekte in Ihrer Partnerschaft beherzigen:

Der Duft der Langzeitliebe

Schnuppern Sie gerne an Ihrem Liebsten? Oder durchfährt Sie ein wohliger Schauer, wenn Sie am Schal Ihrer Gattin deren Duft wahrnehmen? Dann können Sie von Glück reden – und sehen vielleicht noch vielen gemeinsamen Jahren entgegen. Das belegen zumindest Untersuchungen, wie Werner Bartens in »Was Paare zusammenhält« erklärt.

Wer lange zusammen bleiben will, muss sich riechen können. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Wenn Ihnen der Körpergeruch Ihres Partners behagt, erhöht das Ihre Chancen auf Paarglück. Das hat laut Werner Bartens eine biologische Erklärung: Evolutionstheoretisch gesehen weist ein als angenehm empfundener Geruch darauf hin, dass der mögliche Partner ein anderes Immunsystem als man selbst hat, was die Chancen auf gesunde, robuste Nachkommen erhöht.

Zu Beginn also zumindest sollten Sie den Körpergeruch Ihres Verliebten mögen, ansonsten hat eine Partnerschaft vielleicht wirklich keinen Sinn. Blöd ist natürlich nur, dass sich unser Eigenduft im Laufe der Jahre durch Hormonveränderungen und Stoffwechselvorgänge ganz schön verändern kann – und dagegen sind wir dann leider doch eher machtlos.

Denken Sie sich Ihren Partner schön!

Ihre Freundin hat in letzter Zeit ganz schön zugenommen? Macht doch nichts! Ihr Mann ist gar nicht so unterhaltsam, wie Sie das vor der Heirat geglaubt haben? Völlig wurscht! Und so richtig toll sind Ihre gemeinsamen Abende dann doch auch wieder nicht, eher…naja…langweilig? Wen kümmert's – Sie sollte das jedenfalls nicht kümmern, sofern Sie es auf eine Langzeitehe abgesehen haben.

Denn dafür, so drückt es Arnold Retzer in seinem Buch Lob der Vernunftehe aus, benötigen Sie eine anständige Portion Illusion und ein gerüttelt Maß Einbildung. Ja, denken Sie sich den anderen einfach schön, flunkern Sie seine Miesepetrigkeit einfach weg und überspielen Sie ihr Hüftgold – dann glauben Sie irgendwann selbst daran. Mit unserem Denken beeinflussen wir ganz entscheidend unsere Beziehung. Wer immer alles schlecht redet, kritisiert und die Schwächen des anderen in den Vordergrund stellt, der kommt garantiert schlecht drauf und findet seine Partnerschaft entsprechend unbefriedigend.

Wer aber die Illusionen bezüglich des anderen züchten kann und auch mal nicht so genau hinguckt, der kann sich etwas von der Begeisterung für den Langzeitpartner bewahren. Und rettet damit seine Partnerschaft vielleicht in die nächste Dekade.

Nähe suchen: ja. Immerfort Händchenhalten: nein

Kuscheln Sie oft und gerne mit Ihrem Partner? So richtig mit Genuss? Dann könnte das was werden mit der lebenslangen Beziehung. Das zumindest behaupten Wissenschaftler: Eine Bonner Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das beim Schmusen freigesetzte Hormon Oxytocin einen maßgeblichen Einfluss auf unser Treueverhalten hat. Denn es reduziert, das erläutert auch Werner Bartens, als Gegenspieler des Stresshormons Cortisol negative Gefühle wie Angst und Aggressionen – wenn das mal keine guten Voraussetzungen für eine harmonische Beziehung sind!

Aber auch hier gilt wohl das Sprüchlein »Die Dosis macht das Gift« – denn zuviel des Guten kann auch kontraproduktiv sein. Überhaupt ist eine glückliche Partnerschaft eine Frage von Nähe und Distanz – das meint etwa der Paartherapeut Wolfgang Krüger. Hier eine partnerschaftliche Balance zu finden, ist ihm zufolge eine der Kernherausforderungen in langen Beziehungen. Wie viel macht man gemeinsam, wie sehr verschmilzt man mit dem anderen? Und wie viel Freiheit kann man für sich in Anspruch nehmen, wie viel Individualität, wie viel Abstand verträgt eine langjährige Beziehung?

Das müsse jedes Paar selbst aushandeln, schreibt Krüger in Freiraum für die Liebe. Und hier seien die Bedürfnisse ja auch sehr individuell. Beste Chancen auf lange Liebe haben Sie laut Wolfgang Krüger natürlich dann, wenn die Nähe-Distanz-Wünsche Ihres Auserwählten möglichst deckungsgleich mit Ihren eigenen sind. Allerdings scheint es eine Art Devise zu geben: Zuviel ist auf beiden Seiten nicht gut. Anfangs ist das Bedürfnis nach hundertprozentiger Liebe und Dauerdates naturgemäß stark ausgeprägt. Später treten Distanzwünsche in den Vordergrund: So fand Wolfgang Krüger in einer Untersuchung heraus, dass 70 Prozent der befragten Frauen zwischen 20 und 40 Jahren sich mehr Nähe als ihre Partner wünschten. Aber 65 Prozent der Damen über 50 Jahre dürsteten nach mehr Freiheit. Erstaunlicherweise, so Krüger, verhielt es sich bei den Männern andersherum: 60 Prozent der über Fünfzigjährigen wünschten sich mehr Nähe.

Wobei wir bei den Klammeräffchen unter den Paaren wären: Die beiden tauchen immer im Doppelpack auf, im Restaurant wird die Menüwahl abgestimmt (wir machen ja eh immer halbehalbe), trennt man sich für den Toilettengang, gibt's ein Abschiedsbussi, selbst beim kurzen Weg vom Auto in die Kneipe klammern sich die Süßen aneinander. Was am Anfang einer Liebe goldig wirkt und Ausdruck extremer Verliebtheit ist, kann nach Jahr und Tag eine ganz andere Bedeutung bekommen. Paare, die nach 10 Ehejahren nur noch gemeinsame Freunde und Hobbys haben, ständig aneinander rummachen und automatisch nach der Hand des Partners greifen, sobald sie die vertrauten heimischen vier Wände verlassen, müssen nicht unbedingt noch voll in Liebe sein. Das kann auch ein Hinweis darauf sein, dass sie sich trotz mangelnder tieferer Gefühle am anderen festkrallen. Und ohnehin raubt es der Liebe die Freiheit, die sie braucht, um lange zu halten, meint etwa Wolfgang Krüger.

So manch einem Paar vergeht dann sprichwörtlich die Lust – Rituale und gemeinsame Gewohnheiten stehen im Vordergrund, der Begrüßungskuss wird zur Formsache. Diese lustlosen Partner hätten häufig den kritischen Übergang von der rauschhaften Verliebtheit zum verbindlichen Zusammenleben nicht gut geschafft, diagnostiziert Hans Jellouschek. Sie würden das Gemeinsame, Bindende auf Kosten der Fremdheit, des Trennenden betonen, schreibt der Paartherapeut in Warum hast Du mir das angetan? Und damit der Liebe förmlich den Saft abdrehen. Denn Leidenschaft etwa braucht einen Hauch Fremdheit. Die eigentlich liebevolle Geste, die Verbundenheit per Händchenhalten kundzutun, kann dann so eingefahren und ritualisiert auch eine ganz andere Bedeutung bekommen: »Ich lasse Dich nicht los« etwa.

Immer wieder bewusst »Ja« sagen

Nehmen Sie Ihren Partner nicht einfach nur hin, sondern machen Sie sich bewusst, dass Sie ihn oder sie (mehr oder weniger) freiwillig auserkoren haben. Erinnern Sie sich noch an Heidi Klums letzte große Liebe? Mit dem Popstar Seal war das deutsche Supermodel ganze 8 Jahre liiert, nach außen hin offensichtlich glücklich. Sieht man mal vom üblen Scheidungsende ab, wirkte das auch irgendwie glaubhaft.

Etwa, weil die Schöne und ihr Göttergatte sich jedes Jahr aufs Neue in einer herzergreifenden Hochzeitszeremonie ewige Liebe schworen. Was jetzt im Nachhinein nach medialer Schlammschlacht etc. eher affig und aufgesetzt wirkt, ist im Kern gar nicht so verkehrt. Meint etwa auch Hans Jellouschek. Wer sich immer wieder kleine symbolische Treuebeweise bringt, bestätigt sich gegenseitig in seiner Liebe. Und fördert damit den Zusammenhalt, so der Paartherapeut. Achtsamkeit in Form etwa eines offenenen Bekenntnisses zum anderen tut demnach der Beziehung gut – auch wenn es nicht so theatralisch daherkommen muss wie bei der Klum. Da war es ja vielleicht auch eher ein negatives Zeichen. Derartige Liebesinszenierungen können nämlich auch ein Versuch sein, den eigentlich desaströsen Zustand der Partnerschaft zu übertünchen.

Passt scho! Warum Paare zusammen bleiben

Kennen Sie das: Da hat man ein echtes Traumpaar im Freundeskreis, zwei Turteltäubchen, die nie ein böses Wort übereinander verlieren und Harmonie pur verströmen. Und plötzlich lassen die sich scheiden. Die Zankhähne von nebenan aber, die im offenen Clinch miteinander liegen und sich hinter dem Rücken des Partners lauthals über den anderen beklagen – die bleiben bis in alle Ewigkeit als Paar vereint. Wieso das so ist, kann auch die Wissenschaft nicht bis ins Letzte erklären. Manche bleiben aus Faulheit zusammen, andere aus Mangel an Alternativen. Vielleicht sind Sie ja mit Ihrem Mann zusammen, weil Sie intuitiv in heiklen Situationen genau das Richtige machen? Oder eventuell ist Ihre Trennung die unschöne Folge einiger kapitaler Missverständnisse? Lesen Sie mal weiter:

Bequemlichkeit ist auch eine Lösung

Manche Paare bleiben einfach nur zusammen, weil sie

  • nicht alleine sein wollen und
  • wenige Alternativen zum aktuellen Partner haben oder zu haben glauben.

Hört sich das in Ihren Ohren fies an? Ist es aber gar nicht. Schauen Sie sich doch mal um: Wie viele der Langzeitpaare, die Sie kennen, sind zusammen, weil sie sich noch leidenschaftlich lieben? Und wie viele (ver)bindet das gemeinsam gebaute Haus, ein Schuldenberg und die Kinder?

Dass man zusammenhält, weil es die äußeren Umstände erforderlich machen, ist doch nicht ehrenrührig – wichtig ist, dass man überhaupt einen Grund hat, zusammenzusein. Viele Paare wissen ja gar nicht mal, warum sie es so lange nebeneinander aushalten. Klar kommen da wieder unsere Ansprüche ins Spiel: Wir wollen die GROSSE Liebe und die EWIGE Leidenschaft. Alles andere erscheint uns wie der Trostpreis – obwohl wir doch klug genug sein müssten, zu erkennen, dass Beziehungen sich im Laufe der Zeit wandeln und auch Liebe und Leidenschaft ihre natürlichen Grenzen haben.

Bequemlichkeit, eine gewisse Saturiertheit in Bezug auf Liebe und materielle Beweggründe – auch diese, im Wertesystem der meisten Menschen eher weiter unten angesiedelten Motive für eine Langzeitpartnerschaft sind legitim. Das meint etwa auch Michael Mary. In Mythos Liebe ruft er uns dazu auf, die Beziehung zu leben, die wir haben. Und nicht irgendwelchen absurden Trugbildern hinterherzulaufen. Auch Arnold Retzer spricht sich in Lob der Vernunftehe für mehr Realismus in der Liebe aus. Will heißen: Für ihn ist auch eine pragmatische, mehr auf rationalen denn auf emotionalen Fundamenten beruhende Ehe eine gute Ehe – mit beachtlichen Chancen auf Dauer. Auch wenn der Rest sich eher öde gestaltet und von leidenschaftlicher Liebe keine Rede mehr sein kann, lassen Bequemlichkeit und gemeinsame Verpflichtungen viele Paare ziemlich lange zusammenbleiben, schreibt Werner Bartens in »Was Paare zusammenhält«. Allerdings bestehe in solchen Partnerschaften höchste Explosionsgefahr, nämlich immer dann, wenn sich einer von beiden daran erinnert, wie groß die Leidenschaft füreinander in der Anfangszeit war.

Wissenschaftlich belegt ist auch, dass Partner mit ihrer Beziehung dann besonders zufrieden sind, wenn sie das Gefühl haben, für andere Partner nicht besonders erstrebenswert zu sein, also froh sind, überhaupt jemanden gefunden zu haben. Also: Falls Sie nach vielen Partnerschaftsjahren damit hadern, dass Sie eigentlich nur noch wegen des Geldes, der Kinder oder der Arbeitsteilung zusammen sind, dann sehen Sie es doch mal so: Sie haben immerhin Gründe, warum Sie an Ihrer Beziehung festhalten.

Koevolution: gemeinsam weitergehen

Die Verliebtheit des Anfangs kann sich ebenso wenig halten wie das besondere Gefühl, endlich zusammenzuziehen oder der Moment des Ja-Wortes. Und das, liebe Leute, ist gut so. Entwicklung auch in der Beziehung ist ein Reifungsprozess, schreibt Wolfgang Hantel-Quitmann in Liebesaffären. Und der besteht aus verschiedenen Phasen mit jeweils typischen Konflikten, Herausforderungen, Ängsten und Abwehrmaßnahmen.

Die Kunst besteht nun weniger darin, einzelne Phasen geschickt zu umgehen und Konflikte zu meiden. Sondern eher in der Bewältigung der einzelnen Stationen im Paarleben. Hier das richtige Maß zu finden, ist eine der herausfordernden Aufgaben. Wolfgang Hantel-Quitmann etwa sieht eine Beziehung als Reifungsprozess, und zwar als einen sowohl partnerschaftlichen als auch persönlichen. Erst kommt die Liebessehnsucht, dann die Partnerwahl, danach im Idealfall das Verliebtsein, mehr oder weniger dicht gefolgt von der Liebesenttäuschung bis zur reifen Altersehe. Ohne Stress, Zweifel und Frust geht das kaum. Wer durch diese Phasen unbeschadet kommen möchte, muss Entwicklung zulassen und sich der Herausforderung stellen, die eine Langzeitbeziehung nun mal darstellt.

Die Psychologie hat einen schönen Namen dafür gefunden: Von Koevolution sprechen Fachleute, wenn es darum geht, dass beide Partner die gegenseitige Veränderung und die Veränderung ihrer Liebesbeziehung innerhalb der Parterschaft zulassen – also gemeinsames Wachstum akzeptieren und sowohl die individuelle als auch die persönliche Selbstverwirklichung ermöglichen. Die verschiedenen Stadien von dauerhaften Beziehungen sollten Sie akzeptieren und vor allem respektieren, das rät auch Werner Bartens. Wenn Sie immer den leidenschaftlichen Anfängen Ihrer Partnerschaft nachtrauern, dann überfordern Sie diese auf Dauer gewaltig – keine gute Voraussetzung für anhaltendes Paarglück.

Gesunde Streitkultur: Wenn schon streiten, dann aber richtig!

Sie zoffen sich ständig mit Ihrem Partner? Keine Angst, sooo schlimm ist das nun auch wieder nicht. Schlimmer ist Harmonie um jeden Preis, denn die ist ein regelrechter Liebeskiller auf Dauer. Besser, Sie pflegen langfristig eine gute, partnerschaftliche Streitkultur. Wie das geht, fragen Sie sich? Einfach ist das nicht, laut Expertenmeinung jedoch eine durchaus praktikable, beziehungserhaltende Methode.

Aber zäumen wir das Pferd doch mal von hinten auf. Werner Bartens etwa sagt, ob zwei sich trennen oder zusammenbleiben, hänge nicht davon ab, ob sie streiten, sondern wie sie sich zanken. Untersuchungen hätten gezeigt, schreibt er in »Was Paare zusammenhält«, dass konstruktives Streiten ziemlich gut für eine Beziehung sein kann. Wie genau der partnerschaftliche Knatsch dann abläuft, ist natürlich Typfrage. Bartens führt aber an, dass Untersuchungen zum Streitverhalten bei Paaren erbracht haben, dass diejenigen sich schneller trennen, die im Zofffall ihren negativen Gefühlen, herabsetzenden Äußerungen, Wut und Aggressionen freien Lauf und keinerlei postive Emotionen, geschweige denn Empathie für den anderen durchblicken ließen. Ein typisches Muster, das eine Scheidung wahrscheinlicher macht, ist etwa, wenn die Frau ständig fordert und der Mann sich daraufhin konsequent zurückzieht. Vor einer Trennung geschützt seien hingegen Paare, bei denen die Frauen Beziehungsgespräche nicht vorwurfsvoll und mit negativen Gefühlen führten und die Männer nicht sofort genervt und aggressiv darauf reagierten. Auch Wolfgang Hantel-Quitmann ist der Meinung, dass Streit in Beziehungen eine durchaus positive Funktion haben kann, sofern man sich nicht gegenseitig niedermacht. Eine gleichwertige Auseinandersetzung kann Wunder wirken, wer Konflikten immer ausweicht, riskiert auf lange Sicht Stillstand – und der ist bekanntlich der Tod aller Lebendigkeit.

Halten wir fest: Sich streiten – ja. Sich gegenseitig gnadenlos Vorwürfe um die Ohren hauen – nein. Unzufriedenheit äußern – ja. Lösungsmöglichkeiten abblocken – nein. Das sind allerdings nur Anhaltspunkte, welche Streitkultur Sie in Ihrer Langzeitbeziehung letztlich etablieren, hängt von Ihnen und Ihrem Pendant ab.

Paarstress lass nach: Lockerbleiben

Paarstreit bedeutet ja auch Stress – für beide Parteien. Wer sich regelmäßig ordentlich zofft, ist es in der Regel irgendwann leid. Und verzweifelt vielleicht auch an dem üblen Schlagabtausch, der doch manchmal unter die Gürtellinie gehen kann. Nicht nur die als Attacken empfundenen verbalen Ausbrüche des anderen gehen uns an die Nieren.

Ein weiterer, nicht unerheblicher Stressfaktor ist laut Wolfgang Hantel-Quitmann die Tatsache, dass wir in derartigen Auseinandersetzungen unsere fiese Seite nach außen kehren. Negative Gefühle schwappen dann an die Oberfläche, und wir greifen nicht selten zu unlauteren Streitmethoden wie eben Herabwürdigung, Kritik und Ablehnung. Wer kann sich in solchen Situationen schon selbst leiden? Oft geht uns ja nach dem Streit auf, dass wir es eigentlich gar nicht so weit kommen lassen wollten. Da ist etwas mit uns durchgegangen – eben unsere fiese Seite. Genau das verursacht einen immensen Stress, und der macht häßlich und unattraktiv. So fühlen wir uns dann und so verhalten wir uns – kein schönes Gefühl. Und mitunter mit doppelter Arbeit verbunden: Wir müssen nicht nur das mit dem anderen irgendwie wieder geradebiegen, sondern auch unser angeknackstes Selbstbild wieder aufhübschen.

Nur mal als Anregung: Vielleicht sollten Sie vor dem nächsten Paarkonflikt mal darüber nachdenken, was eine Eskalation desselben mit Ihrem Selbstbild anstellt – vielleicht ist das eine Motivation, Schlimmerem verbal entgegenzuwirken.

Liebesaffären als Lösungsversuch

Ein Seitensprung ist bei fast allen Paaren Anlass für einen saftigen Streit – beziehungsweise eine veritable Beziehungskrise. Nachvollziehbar, denn Liebesbetrug schmerzt eigentlich immer, es sei denn, der andere ist einem völlig egal. Aber weder der Auslöser – die Affäre – noch die Folge – die Krise – müssen per se schlecht sein.

Die Erstarrung in der Ehe durch jegliche Verweigerung einer Veränderung ist der eigentliche Ehe-Bruch – so provokativ formuliert es Wolfgang Hantel-Quitmann. Wenn Sie Veränderungen in Ihrer Beziehung nicht wahrhaben oder gar verhindern wollen, dann blockieren Sie jegliche Entwicklung. Und gefährden auf Dauer die Basis Ihrer Beziehung. Eine mögliche Veränderung ist etwa ein Seitensprung. Klar, in unserer moralischen Denke hat er ein furchtbar schlechtes Image, aber auch hier gilt unseren Experten zufolge: Der Umgang mit Affären und dergleichen ist das A und O.

So meint Wolfgang Hantel-Quitmann etwa, eine Affäre sei meist nicht nur das Ergebnis aus Problemen, sondern zugleich auch immer eine Art Lösungsversuch für Probleme: Vielleicht ist in der Partnerschaft etwas derart erstarrt, dass es innerhalb dieser Verbindung unauflösbar ist. Erst durch eine Liebesaffäre, durch einen Betrug kommen die wirklichen Probleme zutage – und können dann gelöst werden.

Natürlich kommt es darauf an, wie es zum Seitensprung kam. Es gibt sicherlich Kränkungen und Verletzungen, die einem Lösungsversuch Hohn sprechen. Aber, das findet Wolfgang Hantel-Quitmann, eine Paarkrise, die durch eine Liebesaffäre hervorgerufen wird und sowohl Symptom einer Krise als auch deren Lösungsversuch ist, kann überlebt werden. Wenn die Basis der Liebesbeziehung ausreichend und ein Verzeihen möglich ist. Wenn der Seitenspringer Verantwortung für sein Handeln überimmt und sich in seinen Möglichkeiten entschuldigt, so Hantel-Quitmann, und der andere diese Entschuldigung wirklich annehmen und verzeihen kann, dann sei dies ein weiterer Fundus für die Beziehung, die aus der Erfahrung gestärkt hervorgehen kann.

Hier geht es zum Artikel-Special: Seitensprung verarbeiten: Die 7 Phasen nach der Untreue

Gute Prognose – schlechte Prognose: Paartypen mit Haltbarkeitsgarantie

Sie wollen zum Schluss noch Fakten, handfeste Aussagen? Dann nehmen Sie dies mit auf den Weg: Wolfgang Hantel-Quitmann zitiert in »Liebesaffären« Befunde aus Langzeitsstudien des Paargurus J. M. Gottman. Er fand drei Typen von Paaren mit einer guten Prognose für Zufriedenheit und Stabilität und zwei Typen mit einer schlechten Prognose.

Aber Vorsicht: Derartige Typologien haben zwar so ihre Tücken und sind mit Vorsicht zu genießen. Vielleicht bringt es Ihnen aber die ein oder andere Erkenntnis, wenn Sie mal versuchen, Ihre Beziehung irgendwo einzuordnen. Und dann an die Verbesserung der ganzen Sache gehen. Wenn Sie möglichst lange mit Ihrer Frau oder Ihrem Mann zusammenbleiben wollen, dann könnte sich das lohnen.

Beziehungen mit guten Aussichten

  • Die lebhaft impulsiven Paare zeigen viele negative, aber auch positive Kommunikationen, verhalten sich sehr emotional und leidenschaftlich und betrachten sich als gleichberechtigte Partner
  • Die konstruktiven Paare weisen ein mittleres Maß an positivem und negativem Verhalten auf, tragen Konflikte eher sachlich aus und betonen das Gemeinsame in der Beziehung.
  • Die Konflikt vermeidenden Paare spielen ihre Probleme herunter, betonen Unabhängigkeit und Autonomie und haben wenig Austausch

Beziehungen mit schlechten Chancen

  • Die feindselig-verstrickten Paare haben vielfältige Konflikte, zeigen offene Kritik und werten sich gegenseitig ab
  • Die feindselig-losgelösten Paare verhalten sich unbeteiligt und voneinander isoliert und tragen überhaupt keine Konflikte mehr aus

»Gerechtigkeit« in der Partnerschaft: Vom Geben und Nehmen

Aha, irgendwie scheint das ja eine Frage des Gebens und Nehmens zu sein: Paare mit einer theoretisch guten Prognose für eine Langzeitbeziehung sind eher gleichberechtigt und bei ihnen halten sich kommunikative und emotionale Investitionen die Waage. Paare, die sich eigentlich gleich die Kugel geben könnten, stehen im Dauerkampf miteinander und haben auf kaum einer Ebene mehr ein Gleichgewicht.

Der eine gibt, der andere nimmt – nicht nur beim Paarzwist hat das System. Überhaupt würden heutzutage viele Menschen ihre Liebesbeziehungen aus ökonomischer Sicht bewerten, schreibt Wolfgang Hantel-Quitmann. Rationales Kalkül spielt auch bei langen Partnerschaften eine Rolle: Wir investieren Liebe und wollen sie auch in gleichem Maße zurückbekommen. Viele Paare würden schnell eine Kosten-Nutzen-Bilanz erstellen – fällt diese unzufriedenstellend aus, kommt der Paarfrust: Was hab ich davon, fragen Sie sich, wenn Sie ständig das Gefühl haben, mehr zu geben als der Partner.

In derartigen Kategorien lässt sich Liebe aber nicht verhandeln, Beziehungen sind auch im Kern irrational, geprägt von romantischen Vorstellungen und auch Illusionen. Die lassen sich kaum straff durchkalkulieren. Ökonomisches Denken in Beziehungen kann diese ziemlich verkürzen – etwa auch, wenn einer der Partner das Gefühl hat, dem anderen hinsichtlich Attraktivität, Status oder Ähnlichem chronisch unterlegen zu sein.

Langzeitbeziehungen, das meinen viele Liebesexperten, sind oftmals das Resultat einer Art Güterabwägung. Wobei wir ja wieder bei der ökomomischen Einschätzung wären. Fällt diese Güterabwägung aber positiv aus, ist auch das von Vorteil für die Haltbarkeit der Beziehung.

Wirkliche Gerechtigkeit in Liebesbeziehungen kann es nicht geben, meint auch Arnold Retzer. Damit müssen Sie sich abfinden. Wer stets das Gefühl hat, emotional, materiell oder sexuell zu kurz zu kommen in seiner Partnerschaft, wird über kurz oder lang frustriert sein, mit eventuell fatalen Folgen für die Beziehungsdauer. Also besser erkennen, was man hat und dann das Beste daraus machen.



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