Manipulation auf der Gefühlsebene: Den Partner durch Schuldgefühle gefügig machen

Betteln, schmollen, drohen – manche Menschen glauben in Liebesbeziehungen auf diese Verhaltensweisen zurückgreifen zu müssen, um ihren Willen durchzusetzen. Solange der Partner mitspielt, funktioniert das. Was aber, wenn der andere darunter leidet?

»In 19 von 20 Fällen setzt der Bestrafer seine Drohung nicht in die Tat um, und er gibt sich in den Ruhephasen zwischen seinen Ausbrüchen auch recht freundlich. Doch weil die angedrohten Konsequenzen so ernst sein können, lebt sein Opfer in Angst und Schrecken vor dem einen Mal, da er seine Drohungen wahrmacht.«

Susan Forward

Die Themen dieses Beitrags:

Wenn der Partner Sie mit Gefühlen bedroht

Emotionale Erpressung ist kein Kavaliersdelikt. Es ist der Versuch Ihres Partners, Sie mit allen möglichen Liebesmitteln so unter Druck zu setzen, dass Sie nach seiner Pfeife tanzen. Wenn Ihr Partner in heiklen Situationen immer wieder massiv Druck ausübt, indem er Ihnen signalisiert oder sagt, dass er seine Liebe von Ihrem Verhalten abhängig macht, dann erpresst er Sie mit Gefühlen: Er stellt Ihnen eine Belohnung mit Liebe in Aussicht, wenn Sie gehorchen – wenn nicht, droht er mit Liebesentzug.

Unbewusst oder bewusst parieren Sie. Auch wenn Sie irgendwie merken, dass da etwas faul ist und Sie gerade manipuliert werden, sind Sie womöglich machtlos. Denn bei Ihnen spielen sich eine Reihe von Mechanismen ab, die emotionale Erpressung erst möglich machen:

  • Sie haben Angst, verlassen zu werden, nicht zu genügen, zu leiden, die Liebe des anderen zu verlieren.
  • Ihr Pflichtgefühl bringt Sie dazu, unter Druck Dinge zu tun, die Sie eigentlich gar nicht tun möchten.
  • Schuldgefühle machen sich schon zuvor bemerkbar, denn Sie wollen ja nicht schuld sein, wenn es dem anderen schlecht geht.

Was hier so im Verborgenen abläuft, nehmen Sie meistens wahrscheinlich gar nicht wahr. Ihr Partner auch nicht. Das funktioniert nur so gut, weil emotionale Erpresser intuitiv wissen, welche Knöpfchen sie drücken müssen. Und sie haben gelernt, dass sie mit dieser Masche erfolgreich sind – nicht, weil sie von Natur aus böse sind, sondern weil sie sich diese Form der Machtausübung aus innerer Not, mangelndem Selbstwertgefühl, Angst vor dem Verlassenwerden oder anderen negativen Gefühlen angeeignet haben.

Daran erkennen Sie emotionale Erpressung

  • Sie haben das Gefühl, dass Ihr Partner Ihre Bedürfnisse meistens kleinredet und missachtet.
  • Ihr Partner stellt Ihnen mehr Liebe und Anerkennung in Aussicht, wenn Sie seine Wünsche bedingungslos erfüllen.
  • Liebesentzug müssen Sie in Kauf nehmen, wenn Sie doch mal Ihren Willen durchsetzen – und dann fühlen Sie sich schlecht.
  • Ihr Partner bezeichnet Sie als herzlos, selbstsüchtig oder gefühllos, wenn Sie etwas anderes als er wollen.
  • Wenn Sie nicht auf die Wünsche Ihres Partners eingehen, droht er Ihnen regelmäßig, die Beziehung zu beenden.
  • Ihr Partner sagt Ihnen oft, dass er Ihnen das Leben schwer machen wird, wenn Sie nicht tun, was er will.

Schluss mit Erpressung: 4 Situationen und wie Sie reagieren können

Wie ist er denn so, Ihr Erpresser: Streng und unnachgiebig oder geschickt und sanft? Ganz gleich, wie sich Ihr Partner gebärdet, Sie sollten verstehen, wie er Sie emotional zu manipulieren versucht. Und dann anders an die Sache herangehen. Wir beleuchten ein paar Erpressungsversuche und zeigen, wie Sie reagieren können.

1. »Wenn Du nicht mehr Sex mit mir hast, dann suche ich mir halt eine Affäre!«

Was dahinter steckt: Ganz gleich, wie Sie empfinden – wenn Sie nicht tun, was Ihr Partner will, dann müssen Sie mit Konsequenzen rechnen, für die Sie die volle Verantwortung tragen.

Erpresser-Typ: In Forwards Definition haben Sie es hier mit einem Bestrafer zu tun. Dies ist ihr zufolge der augenfälligste und am meisten verbreitete Typ Erpresser. Er macht nämlich aus seinen Motiven kein Geheimnis, lässt Sie ganz genau wissen, was er von ihnen will und vor allem, welche Folgen es hat, wenn Sie seine Forderungen nicht erfüllen. Das kann der Bestrafer offen tun, indem er in klaren Wenn-dann-Formulierungen spricht, oder passiv, indem er schweigt und sich schmollend in seine unausgesprochene Wut über Ihr Verhalten zurückzieht. Diese Manipulation ist äußerst wirkunsvoll, da sie beim Opfer eine der größten menschlichen Ängste anspricht.

So können Sie reagieren:

  • Machen Sie sich klar, dass Ihr Partner bewirken will, dass Sie Angst bekommen – die Wahrscheinlichkeit, dass er seine Drohung sofort in die Tat umsetzt, ist eher gering.
  • Auch wenn Sie Angst davor haben, dass der andere Sie betrügen könnte: Bleiben Sie ruhig, kontern Sie nicht mit Gegenmanipulationen, etwa, indem Sie weinen oder flehen.
  • Hinterfragen Sie nicht, warum er eine Affäre will oder wie er das anstellen wird – damit stärken Sie seine Position.
  • Spielen Sie den Ball zurück, indem Sie sagen »Das ist Deine Entscheidung – aber ich möchte mit Dir darüber reden, warum Du unzufrieden bist und wie wir das gemeinsam ändern können.«

2. »Es tut mir total weh, dass Du so wenig Zeit für mich hast. Immer bin ich alleine, kein Wunder, dass ich so viel trinke«

Was dahinter steckt: Sie sind der Grund, warum Ihr Partner zum Alkohol greift – weil Sie sich zu wenig um ihn kümmern. Nur Sie können auch gegen seinen zu hohen Alkoholkonsum etwas tun, indem Sie nämlich Ihr Verhalten ändern. Das müssten Sie eigentlich tun, um den anderen nicht ins Unglück zu stürzen.

Erpresser-Typ: Man kennt diese Form von Kindern, dass sie Eltern damit drohen, sich etwas anzutun, wenn sie ihren Willen nicht bekommen – erwachsene Selbstbestrafer gehen zwar laut Forward raffinierter vor, das Prinzip ist aber dasselbe: Er macht Ihnen klar, dass er sich aufregen, sich etwas antun oder wie in diesem Fall seiner Gesundheit schaden wird, wenn Sie ihm nicht geben, was er will. Diese Manipulation ist besonders perfide, weil sie auf Ihr Schuldbewusstsein und Verantwortungsgefühl abzielt.

So können Sie reagieren

  • Alkohol ist keine Lösung, ebenso wenig wie Ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit – seien Sie da gewiss.
  • Dass das eine logische Konsequenz ist, ist die Interpretation Ihres Partners. Machen Sie ihm klar, dass Sie einen anderen Standpunkt haben.
  • Erklären Sie sachlich, warum Sie Zeit für sich, Ihre Freunde oder Ihren Job brauchen – aber ohne sich übermäßig dafür zu rechtfertigen.
  • »Du willst mehr Zeit mit mir verbringen, das finde ich sehr schön. Aber ich brauche diesen Freiraum.«

3. »Alle meine Freundinnen bekommen Schmuck von ihrem Mann geschenkt – nur ich nicht«

Was dahinter steckt: Im Vergleich zu anderen Partnern schneiden Sie ziemlich schlecht ab. Sie sind nämlich der Einzige, der seine Liebe nicht materiell sichtbar macht. Das tut weh – und beeinflusst natürlich die Gefühle, die Ihre Partnerin für Sie hat, negativ.

Erpresser-Typ: Ein typischer Auftritt von einem Leider. Dieser Typus hat das mit dem nicht Gutgehen perfektioniert, er verzichtet auf klar formulierte Drohungen zu Gunsten subtiler Bestechungsmanöver. Er vermittelt Ihnen unmissverständlich, dass er leiden muss, wenn Sie nicht seine Wünsche erfüllen – und dann an seinem Leiden Schuld tragen. Eine clevere Masche ist das auch, weil sich der emotionale Erpresser in die bequeme Position des Schwachen begibt. Laute Szenen oder Brüllanfälle liegen ihm zwar fern, aber seine Art, Ihnen zu verstehen zu geben, dass er der Ärmere ist, dass es allen anderen besser geht, funktioniert gut. Diese Manipulation appelliert nicht zuletzt an Ihr Mitleid und weckt Ihren Beschützerinstinkt.

So können Sie reagieren

  • Sie sind nicht die Männer der Freundinnen – und darum individuell und anders.
  • Finden Sie heraus, warum es Ihnen nicht liegt, Schmuckgeschenke zu machen und versuchen Sie dies Ihrer Partnerin zu erklären.
  • Finden Sie heraus, warum Ihre Partnerin Geschenke als Indiz für Liebe sieht – und sagen Sie Ihr, wie Sie Ihre Zuneigung zeigen.
  • Vermitteln Sie Ihrer Partnerin, dass die Mitleidsmasche bei Ihnen nicht zieht – aber in Du-Botschaften, die Ihre Ansichten wiedergeben.

4. »Ich kann nicht glauben, dass Du so egoistisch bist und mich jetzt im Stich lässt«

Was dahinter steckt: Soso, Ihr Verhalten entlarvt Sie als egoistische Person – und so wollen Sie ja nicht gesehen werden. Sie möchten, dass Ihr Partner große Stücke auf Sie hält, Egoismus gehört da nicht gerade zu den Komplimenten.

Erpresser-Typ: Der Verführer weiß, wie er seinen Willen subtil durchsetzt. Indem er Ihnen nämlich suggeriert, dass es auch für Sie selbst besser ist, zu tun, was er will. Anerkennung, die stellt er Ihnen in Aussicht, aber nur unter der Voraussetzung, dass Sie etwas dafür tun. Diese Manipulation belohnt erwartungsgemäßes Verhalten, falls es ausbleibt, gibt's eben nichts oder auch emotionale Schelte.

So können Sie reagieren

  • Auch wenn das an die Substanz geht, ziehen Sie sich diesen Schuh nicht an.
  • Überlegen Sie, wie viel von dieser Aussage tatsächlich mit Ihnen zu tun hat.
  • Bringen Sie die Sache auf eine sachliche Ebene, indem Sie den eigentlichen Streitpunkt – also die Situation, um die es geht – ins Gespräch bringen.
  • Sie sich nicht pauschal, aber weisen Sie die Vorwürfe zurück – indem Sie beschreiben, warum Sie in dieser Situation so handeln.

Fazit: Kein Grund, die Beziehung zu beenden – wehren Sie sich frühzeitig

Nicht hinter jeder Kritik oder jedem Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit müssen Sie gleich einen Erpressungsversuch wittern. Dass Sie mal nachgeben, sich überreden oder dem anderen seinen Willen lassen, ist in Ordnung, wenn nicht sogar eine Voraussetzung für eine Beziehung. Denn die ist doch auf beiderseitige Kompromissbereitschaft angewiesen. Wenn es jedoch ein offensichtliches Ungleichgewicht gibt und Sie darunter leiden, dass Sie sich nie durchsetzen können, sollten Sie etwas ändern.

Diese 5 Tipps auf Basis von Susan Forwards Buch können Ihnen dabei helfen:

  • Nehmen Sie sich Zeit für eine Reaktion

    Eine Drohung bewirkt schnell, dass man in Verteidigungshaltung geht und versucht, die Argumente des anderen zu entkräften. Tun Sie dies nicht, versuchen Sie überlegt zu reagieren – indem Sie erstmal darüber nachdenken, was der andere sagt.

  • Bezähmen Sie Ihre Angst

    Auch wenn es Ihnen noch so schlimm vorkommt, was Ihr Partner androht: gehen Sie nicht darauf ein. Angst ist ein schlechter Ratgeber, wenn Sie aus Furcht, verlassen zu werden, Forderungen nachkommen, machen Sie sich auf lange Sicht erpressbar.

  • Rechtfertigen Sie sich nicht über die Maßen

    Übermäßige Gegenargumentation kann als Zeichen gewertet werden, dass der andere doch im Recht ist. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, logische Gründe für Ihre Haltung anzuführen – meist sind diese Situationen so emotional, dass sie ohnehin einer übergeordneten Logik entbehren.

  • Schlagen Sie nicht zurück

    Wenn der andere Ihnen etwas vorwirft, werfen Sie ihm halt auch was an den Kopf: Mit dieser Wie-Du-mir-so-ich-Dir-Haltung erreichen Sie nichts. Drohungen mit Gegenangriffen zu erwidern, verhärtet die Fronten und führt womöglich zu einer Patt-Situation. Vermeiden Sie Gegendrohungen, bleiben Sie bei dieser Sache – und bei sich.

  • Bestimmen Sie, wo Ihr Siedepunkt liegt

    Wo und wann reagieren Sie besonders angefasst – denken Sie darüber nach. Und entscheiden Sie dann, was Sie tolerieren können und was nicht. Manches, meint Susan Forward, sollten Sie Ihrem Erpresser durchgehen lassen. Was Ihnen aber definitiv zu weit geht, geht gar nicht.

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