Fremdgegangen? Wann Sie auf Vergebung hoffen können – und wann nicht.

Wenn der Partner den Seitensprung nicht verzeihen kann

Viele Beziehungen zerbrechen an einem Seitensprung – aber nicht alle. Meist spielen viele Faktoren eine wesentliche Rolle dabei, ob und wie der Seitensprung innerhalb einer Partnerschaft verarbeitet und verziehen wird. Das geht in vielen Fällen. Aber vergeben und vergessen ist damit noch lange nicht alles. Wir erklären den Unterschied und sagen, wann Vergebung wirklich geht.

Die Themen dieses Beitrags:

Wissenswertes

  • Trennen oder Weitermachen? Statt hinzuschmeißen, bemüht sich die Mehrheit der Betroffenen (62 Prozent) zunächst, den Schock zu verarbeiten. Fast ein Drittel der Befragten (27 Prozent) möchte seine Beziehung retten und setzt sich mit den Ursachen des Seitensprungs auseinander. Die wenigsten Betrogenen (11 Prozent) trennen sich nach einem Seitensprung sofort von ihrem Partner.
  • Männer verzeiher eher: 64 % der Männer würden einen einmaligen Fehltritt verzeihen. Bei den Frauen hingegen kann jede zweite (49 %) einen One-Night-Stand nicht verzeihen. (Umfrage der Seitensprung-Fibel unter 2.704 Betroffenen)
  • Nach einer Beichte: Nach einer Beichte gehe ein Drittel der Beziehungen kaputt. Das zweite Drittel trennt sich nach einem Jahr – aber nicht, wegen der Beichte, sondern weil die Beziehung schlecht lief. (Dr. Ulrich Clement, Sexualwissenschaftler)
  • Paartherapie: Man kann davon ausgehen, dass mindestens jedem zweiten Paar geholfen wird, manche Kollegen gehen von einer Erfolgsquote von 80 % aus. (Dr. Wolfgang Krüger, Paartherapeut)

Verziehen, vergeben, vergessen – vorbei?!

»Sorry, tut mir leid, ich wollte Dich nicht verletzen« – wer meint, mit derart lapidaren Statements nach einem Seitensprung davonzukommen, täuscht sich vielleicht gewaltig. Denn die Folgen eines sexuellen Verhältnisses können gravierend sein, kaum etwas belastet eine Beziehung mehr. Wenn der Partner vom Seitensprung erfährt, beginnen die Aufräumarbeiten. Und die gehen selten ohne Diskussionen und harte Auseinandersetzungen über die Bühne. Wenn ein Paar »danach« zusammenbleiben will, müssen sich beide Partner den Ereignissen stellen und die Verletzungen aufarbeiten. Wer den Seitensprung als zufälliges Ereignis abtut, vergibt die Chance, dadurch die Beziehung zum Positiven zu verändern. Denn oft ist eine Affäre so etwas wie ein Warnschuss, der lautstark signalisiert: Hier läuft's nicht gut.

Auch wenn das in der akuten Situation schwer vorstellbar ist, kann der Seitensprung ein Gewinn für die Beziehung sein, wie Ulrich Clement in seinem Buch Wenn Liebe fremdgeht« schreibt. Anstelle die Affäre zu verfluchen, könne man auch den Schrecken begrüßen – als heilsames Aufrütteln etwa. Clement zufolge kann ein Seitensprung eine Beziehung auch vitalisieren. Dann nämlich, wenn beide Partner erkennen, wie es dazu kommen konnte und sich der Untreue stellen.

Dabei gibt es einen gewaltigen Unterschied zwischen Verzeihen und Vergeben. Arnold Retzer erklärt das ausführlich in Lob der Vernunftehe:

  • Verzeihen sei so etwas wie ein Akt der Höflichkeit, es funktioniere dann, wenn derjenige, der verletzt werde, dem anderen sein untreues Verhalten nachsehe, weil er es für entschuldbar hält.
  • Vergeben dagegen ist eine Stufe höher: Wer dem anderen den Seitensprung vergibt, verzeiht dabei etwas, was er grundsätzlich für unverzeihlich hält. Das hört sich sehr kompliziert an und ist in der Tat komplex. Denn Vergebung heißt letztlich nicht, dass der Seitensprung ad acta gelegt und damit vergessen ist. Sondern es ist der Auftakt für eine Aufarbeitung, an deren Ende die Weiterentwicklung der Beziehung stehen kann.

Damit ist die Sache also nicht vom Tisch, darüber müssen Sie sich im Klaren sein. Vergebung an sich ist ein großes Wort, und es bedeutet vieles eben nicht:

  • Vergebung ist keine Begnadigung: Denn das hieße, dass der Betrogene auf eine Art Bestrafung verzichtet, die er in diesem Fall für angemessen hält – und sich also zu einer moralischen Instanz erhebt.
  • Vergeben heißt nicht vergessen: Denn um zu vergeben, darf man nicht verdrängen, sondern muss man sich erinnern an die Verletzungen, um sie zu bewältigen.
  • Vergebung ist keine Versöhnung: Sie kann das Ergebnis der Vergebung sein, muss es aber nicht.
  • Vergeben bedeutet nicht Nachgeben: Damit ist nicht gemeint, dass der betrogene Partner den Seitensprung so einordnet, wie der untreue Partner es darstellt.

Schlussendlich ist auch Vergebung ein Prozess, eine Entwicklung, die Sie mit beeinflussen können. Etwa, indem Sie auf bestimmte Ausreden verzichten.

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Die Kunst der wahren Vergebung

Nicht jede Partnerschaft zerbricht an der Untreue. Manch eine Beziehung wächst daran. Diese Meinung vertritt der britische Paartherapeut Andrew G. Marshall ganz ausdrücklich. Es sei nicht nur möglich, eine Beziehung trotz Seitensprung zu retten, sondern sie könne danach sogar noch stärker werden, schreibt er in Kann ich Dir jemals wieder vertrauen? Ein Schritt auf dem langen Weg dorthin ist eben Vergebung. Wer in einer Untreue-Situation dem betrogenen Partner zum Beispiel mit Mitgefühl entgegenkommt, wird auch von dessen Seite eher mit Einfühlsamkeit gegenüber den eigenen Fehlern und Schwächen rechnen können. Um das Thema Untreue wirklich abschließen zu können, braucht es laut Marshall wahre Vergebung. Und die besteht aus vier Teilen:

  • Wiedergutmachung: Was kann den Schaden, der durch den Seitensprung entstanden ist, wiedergutmachen? Das sollten Sie sich fragen. Marshall schreibt, manchmal genügen symbolische Gesten, wie die Entsorgung des Autos, in denen Sie Sex mit einer anderen Person hatten oder ein kostbarer Ring, der Zeichen für Ihre Verbundenheit ist. Auch wenn man Vertrauen nicht kaufen kann – eine Art Entschädigung für die Untreue kann durchaus dabei helfen, die Wogen zu glätten.
  • Wut rauslassen: Vergebung geht nur, wenn man über etwas hinwegkommt – dazu gehört laut Marshall auch, dass der verletzte Partner seine Wut über die Untreue loswerden kann. Wie genau das geschehen kann, ist abhängig von der Person. Manchmal kann es helfen, die Wut runterzuschreiben, etwa in einem Brief.
  • Loslassen: Groll und Schuldzuweisungen hinter sich zu lassen, ist schwer. Aber wichtig dafür, dass man sich von der Vergangenheit befreien kann. Wer immer wieder in den Wunden herumwühlt, verhindert sehr effektiv die Heilung der Verletzung. Es sollte möglich sein, einen Schlussstrich zu ziehen. Dazu gehört, dass der untreue Partner seinen Seitensprung loslässt – und der betrogene Partner das Fremdgehen nicht ständig thematisiert.
  • Chance erkennen: Die größten Lektionen warten in den dunkelsten Stunden auf uns, schreibt Marshall. Und empfiehlt, Untreue als eine wertvolle Lektion zu akzeptieren: Eine Umfrage bestätigte ihm, dass viele Menschen aus einer Untreuekrise gestärkt hervorgehen. Die Mehrzahl der Teilnehmer nahm daraus etwas Positives mit, 25 Prozent gaben an, sie seien dadurch stärker geworden.

3 Fälle, in denen Vergebung möglich ist

Fall 1: Der Seitensprung war ein klassischer Ausrutscher

Allzu menschlich ist ein One-Night-Stand, der aus einer Stimmung heraus zustande kommt und zutiefst bereut wird. Für manche gilt dann »Einmal ist keinmal«, ein unbedeutender Seitensprung, der noch dazu spontan mit einer wildfremden Person zustande gekommen ist, kann leichter vergeben werden. So ergab eine Umfrage von seitensprung-fibel.de, dass mehr als die Hälfte einen echten One-Night-Stand für verzeihbar halten.

Fall 2: Der untreue Partner verspricht, es nie wieder zu tun

80 Prozent der Männer und Frauen seien bereit, ihrem Partner den Seitensprung zu verzeihen – wenn dieser verspricht, es nie wieder zu tun, schreibt Wolfgang Krüger in Das Geheimnis der Treue. Eine Garantie können Sie Ihrem Partner sicherlich nicht geben – wer weiß schon, was die Liebeszukunft bringt. Sie können sich aber bekennen und Ihrem betrogenen Partner das Gefühl geben, sein Vertrauen nicht noch einmal zu missbrauchen.

Fall 3: Der Partner gesteht seinen Seitensprung aus eigenem Antrieb

Laut Statista.de würden 50 Prozent der Deutschen den Seitensprung verzeihen, wenn der Partner ihn beichtet. Auch Paartherapeuten raten, sich genau zu überlegen, ob und wie man den Seitensprung gesteht. Wird ein Geständnis aus eigenem Antrieb abgelegt, können Sie mitunter auf Milde bei Ihrem Partner bauen, das ergeben Untersuchungen. Ehrlichkeit kann sich hier auszahlen – denn nichts ist für den betrogenen Partner schlimmer, als Ihre Untreue von Freunden berichtet zu bekommen oder Sie in flagranti zu erwischen.

3 Fälle, in denen Vergebung herausfordernd ist

Fall 1: Der Seitensprung passierte im Freundeskreis

Partner regieren auf Untreue besonders verletzt, wenn die andere Person ihnen nahesteht. Bekannte oder sogar enge Freunde zählen zu den Vertrauenspersonen – ein Seitensprung in diesem sensiblen Bereich bedeutet für den Betrogenen manchmal ein mehrfacher Vertrauensbruch. Unter den Fehltritten ist Sex mit dem Ex eines der schwerwiegendsten Delikte. In einer Umfrage von seitensprung-fibel.de gaben 54 Prozent der Männer und 66 Prozent der Frauen an, dies sei unverzeihlich.

Fall 2: Der untreue Partner übernimmt nicht die Verantwortung für sein Fremdgehen

Der Alkohol, die heiße Braut, der Kumpel, die Umstände, unsere Krise – kaum ratsam ist es, sich hinter solchen Scheinargumenten zu verstecken. Denn damit weisen Sie die Verantwortung pauschal von sich. Nicht Sie sind untreu geworden, Sie wurden untreu gemacht. Hinter dieser passiven Rolle mögen Sie sich vielleicht ganz gut verschanzen können. Für Ihren Partner ist das aber ein sehr schwacher Trost. Denn die implizite Botschaft lautet ja: Ich kann nichts dafür. Also muss Ihr Partner davon ausgehen, bei ähnlich gelagerten Umständen könnte es Ihnen immer wieder passieren.

Fall 3: Der Fremdgeher macht dem Partner Vorwürfe

Es gibt viele Gründe, warum jemand in einer festen Beziehung fremdgeht. Und oft trägt der Zustand dieser Beziehung oder der Partner irgendwie dazu bei, dass es soweit kommen kann. Sexfrust und erotische Unzufriedenheit gehören so etwa laut Theratalk-Studie zu den Hauptmotiven für Untreue. Viele, die sexuell unbefriedigt in ihrer Partnerschaft sind, scheren irgendwann aus. Das ist aber noch lange kein Grund, dem anderen die Schuld für den Seitensprung in die Schuhe zu schieben. Wer dies tut, und seinem Partner zusätzlich zum Kummer noch bittere Vorwürfe macht, im Stile von »Du hast mich soweit gebracht«, forciert einen Teufelskreis aus hin- und hergeschobenen Schuldzuweisungen.

Fazit: Vergeben geht – mit der Zeit

Vergeben, das ist eine Kunst, die Zeit braucht und den Willen, sich den Verletzungen aktiv zu stellen.

Ulrich Leube | Leiter der evangelischen Lebensberatung in Bremen

Einfach ist das keineswegs. Aber durchaus möglich. Wichtig ist dabei auch, zu erkennen, welche Bedeutung der Seitensprung innerhalb der Beziehung hat. Für die Vergebung spielt laut Paartherapeut Roland Kopp-Wichmann zudem eine Rolle, wie zerstörerisch Untreue subjektiv erlebt wird. In Fremdgegangen – Wege aus dem Chaos, schreibt er, es gebe eine Art Skala, auf der sich das abmessen lasse. Je größer die Verletzung, umso kleiner die Chance auf Vergebung – und damit auf eine gute Bewältigung der Untreue innerhalb der Beziehung.

Roland Kopp-Wichmann zufolge reagieren Partner unter anderem umso verletzter…

  • je näher die andere Person ihnen steht,
  • je abhängiger sie sich emotional vom Partner fühlen,
  • je länger die Affäre dauert
  • je raffinierter sie geplant wurde
  • und je mehr der Partner mit dem Dritten sexuell oder emotional erlebt.

Ob, wie und wann Ihr Partner Ihnen die Untreue vergibt, kann niemand voraussagen. Diese 3 Dinge braucht es von Ihrer Seite aus jedoch gewiss, um Vergebung überhaupt möglich zu machen:

  • Einsicht, dass Sie Ihren Partner mit dem Seitensprung verletzt haben
  • Mitgefühl für das Leid Ihres Partners
  • Geduld – denn bis zur Vergebung kann es ein langer Weg sein

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