SEITE 2: In nahezu allen Gesellschaftsschichten wurde und wird Ehebruch begangen
Treue in Kurzzeitbeziehungen

Worin liegt die WAHRE Treue zwischen Mann und Frau?

Mehr als 180.000 Ehen werden Jahr für Jahr in Deutschland geschieden – das sind fast halb so viele wie neu geschlossen werden. Bei rund 50.000 Scheidungen ist der Grund erwiesene Untreue, in vielen weiteren Fällen dürfte sie zumindest einen wichtigen Teil zum Ende der Partnerschaft beitragen. Gleichzeitig zeigt der hohe Stellenwert, den Mann und Frau dem Thema Treue zuweisen, dass die Idee der strengen Monogamie noch immer das Fundament einer Ehe ist.

Doch ist Treue wirklich der eine Faktor, auf den sich das Funktionieren einer Partnerschaft beschränken lässt? Oder gibt es, von körperlichen Bedürfnissen abgesehen, eine andere, eine wahre Treue zwischen Mann und Frau? Ein Blick in die Geschichte der Menschheit zeigt schnell, dass sich die Idee der lebenslangen Monogamie in der Praxis noch nie wirklich durchgesetzt hat, obwohl sie immer wieder von weltlichen wie religiösen Führern propagiert wurde.

Vor allem die christliche und vor allem die besonders traditionsbewusste katholische Kirche hat von Beginn an die Idee der Ehe ohne Seitensprung propagiert. Nicht umsonst ist die Scheidungsrate in Gegenden mit einer überwiegend katholischen Bevölkerung bis heute niedriger als in protestantischen Regionen. Sowohl zwischen dem Norden und dem Süden Deutschlands gibt es diesen Unterschied als auch zwischen dem protestantischen Skandinavien und überwiegend katholischen Ländern wie Italien oder Spanien. Dass Ehen in diesen Regionen glücklicher sind, ist kaum anzunehmen; vielmehr ist die Scheidung hier aus der Tradition heraus bis heute ein gesellschaftliches Tabu. Somit bleiben Verheiratete auch dann noch zusammen, wenn sie sich schon längst nichts mehr zu sagen haben.

Eines der größten Herausforderungen ist vielleicht die Sehnsucht nach der romantischen Liebe. Über viele Jahrhunderte wurde diese Idee in der Literatur oder in Filmen immer weiter verbreitet, so dass es heute sehr schwer ist, dagegen zu argumentieren. Dabei ist es zwar durchaus oft so, dass Mann und Frau sich treffen, sich ineinander verlieben und eine Beziehung eingehen. Je länger diese Partnerschaft jedoch dauert, desto besser lernen sich die beiden Partner kennen – fast zwangsläufig kommt es dabei dazu, dass der Partner auch die Aspekte der eigenen Persönlichkeit kennenlernt, die ihm nicht so gut gefallen. Wer schon lange verheiratet ist, ist daher oft nicht mehr besonders glücklich in seiner Partnerschaft. Alltägliche Dinge wie das gemeinsame Haus oder die Fürsorge für die eigenen Kinder sorgen dafür, dass die Beziehung weitergeht, aber der romantische Beginn ist längst vergessen. Wenn dann etwa die Kinder aus dem Gröbsten heraus sind, sind viele Männer und Frauen insgeheim auf der Suche nach ein wenig Aufregung. Manchmal beginnt die Suche sogar noch früher. Von den 30-jährigen Männern und Frauen, die gegenwärtig in einer Beziehung leben, ist rund jeder Fünfte schon einmal fremdgegangen (21 Prozent der Männer, 19 Prozent der Frauen).

Vielleicht hilft ein Blick in andere Kulturkreise. In vielen Regionen der Welt sind arrangierte Ehen bis heute durchaus üblich; Mann und Frau lernen sich vor der Hochzeit dabei oft nur kurz kennen, auf keinen Fall leben sie bereits vor der Ehe zusammen. Ob es dabei zu romantischer Liebe kommt, ist eher zufällig, aber eine solche arrangierte Ehe ist etwas vollkommen anderes als die in den vergangenen Jahren in die Schlagzeilen geratenen Zwangsehen. Wird die Hochzeit von den Eltern oder anderen Verwandten arrangiert, bedeutet das, dass die beiden Partner etwa aus der gleichen sozialen Schicht kommen, dass der Mann tatsächlich in der Lage ist, für die Frau zu sorgen. Bei einer derartigen Ehe geht es also in erster Linie um einen sozialen Vertrag, mit dem das Zusammenleben der beiden Partner geregelt wird.

Die Voraussetzungen sind also ganz anders als bei einer Beziehung, die auf der Idee der romantischen Liebe beruht. Hier bedeutet Untreue, dass der betrogene Partner sich zurückgesetzt fühlen muss und emotional verletzt wird. Bei einer arrangierten Ehe dagegen spielt dieser Teil zwar ebenfalls eine Rolle, gleichzeitig verletzt der untreue Partner aber auch den sozialen Vertrag und wirft somit ein schlechtes Licht auf die eigene Familie, die diesen Vertrag arrangiert hat. In einer derartigen Gesellschaft ist das soziale Netz also oft wesentlich stärker – mit positiven und negativen Folgen. Die wahre Treue zwischen Mann und Frau wird hier jedoch nicht allein auf das Körperliche reduziert, vielmehr geht es um die umfangreichen Verpflichtungen, die sich aus einer Partnerschaft ergeben.

Dieser Artikel hat 4 Seiten. Lesen Sie auch . . .

Seite 1: Ehebruch – wenn der Partner fremdgeht
Seite 2: Worin liegt die WAHRE Treue zwischen Mann und Frau?
Seite 3: Das Ideal der Monogamie: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Seite 4: Der Partner, mein Besitz: Von Eifersucht und Besitzansprüchen

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