Liebe Männer, ihr könnt aufatmen: Kuckuckskinder sind eine Ausnahme

Nicht der biologische Vater der eigenen Kinder zu sein, diese Sorge begleitet viele Männer dauerhaft. Der bislang kursierende Prozentsatz angeblicher Fälle von »Kuckuckskindern« trug auch nicht eben zur Beruhigung bei: Die Quote fälschlich angenommener Vaterschaften, so die landläufige Auffassung, betrage zwischen 10 und 20 %.

Neuere Forschungsergebnisse jedoch geben Grund zur Entwarnung: Nur 1 - 2 % aller Väter haben demnach tatsächlich Grund, sich mit diesem Gedanken auseinandersetzen. Die Forschergruppe um den belgischen Biologen Maarten Larmuseau von der KU Leuven fand zudem heraus, dass die Quote im Laufe der Jahrhunderte weitgehend konstant geblieben ist.

Wie wurden die Daten ermittelt?

Die Erbgutanalyse im Rahmen der belgischen Studie beruht auf der Grundlage von Genmaterial verwandtschaftlich verbundener Personen der letzten 500 Jahre. So war es den Wissenschaftlern möglich, das Thema auf eine solide Datenbasis zu stellen und völlig unabhängig von der Auskunftsbereitschaft betroffener Personen zu aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen. Zur Autorität der besagten Studie trägt auch der lange Untersuchungszeitraum bei, der den Nachweis erbracht hat, dass die Quote der Kuckuckskinder sich im Wandel der Zeiten, also auch schon vor der Einführung wirksamer Verhütungsmittel, als erstaunlich konstant erwiesen hat.

Mit dieser Vorgehensweise ist die belgische Studie einer britischen Erhebung zum Untersuchungszeitraum 1950 – 2004 methodisch weit überlegen, da die britischen Wissenschaftler sich ausschließlich auf die Ergebnisse durchgeführter Vaterschaftstests bezogen. Auch die Briten waren im Übrigen mit einem ermittelten Median von 3,7 % hinter den offiziell kursierenden Schätzungen zurückgeblieben, wobei sie große regionale Unterschiede festgestellt hatten.

Warum weichen die neuen Ergebnisse von früheren Schätzungen ab?

Frühere Standardliteratur zum Thema verwendete mangels aussagekräftiger aktueller Studien höchst unsicheres Zahlenmaterial, welches immer wieder kolportiert wurde. Beispielhaft zu nennen ist hier das Buch »Kuckuckskinder« von Simone Schmollack, wo die Autorin bereits im Klappentext die Schwierigkeit entsprechender Forschungen anspricht: »Exakte Zahlen liegen darüber nicht vor, denn die Existenz eines Kuckuckskindes gilt bis heute als eines der bestgehüteten Geheimnisse.« Im ersten Kapitel heißt es sodann: »Schätzungen besagen, dass jedes fünfte bis zehnte Neugeborene ein Kuckuckskind ist, in Deutschland sind das etwa 25.000 bis 40.000 jedes Jahr.« Da wird der Boden der Tatsachen noch schwankender, denn angesichts einer Geburtenzahl von rund 683.000 im Erscheinungsjahr des Buches sind nicht nur die Schätzungen unsicher, sondern auch die daraus gezogenen Schlüsse bereits rechnerisch falsch.

Eine weitere Quelle zu hoher Schätzungen sind die Ergebnisse von Vaterschaftstests, wie sie der australische Wissenschaftler Michael Gilding im Jahre 2005 publizierte. Demnach würden sich Zweifel an einer Vaterschaft in 20 - 30 % der untersuchten Fälle bestätigen. Für Deutschland spricht man von einer entsprechenden Quote von 17 %. Diese Zahlen lassen jedoch keine seriösen Rückschlüsse auf die Gesamtheit zu, da ein Vaterschaftstest in der Regel nur in Auftrag gegeben wird, wenn es konkrete Gründe dafür gibt.

Vaterschaftstests in Deutschland

In Deutschland bieten etwa zwei Dutzend einschlägige Labors die Durchführung von Vaterschaftstests an. Die jährliche Zahl entsprechender Untersuchungen liegt zwischen 20.000 und 40.000, mit steigender Tendenz, wobei für einen privaten DNA-Test Preise ab etwa 150 Euro fällig werden. Nicht selten sind Sorgerechts- oder Unterhaltsstreitigkeiten der Anlass, sich eingehender mit eventuell bereits bestehenden Zweifeln auseinanderzusetzen. Väter, die nach mehreren Jahren der intensiven Bindung plötzlich Gewissheit darüber erhalten, nicht die biologischen Väter ihrer Kinder zu sein, sollten sich trotzdem nicht von ihnen abwenden. Wahre Elternschaft beruht nicht nur auf genetischer Verwandtschaft, sondern stellt eine gewachsene Beziehung dar, an der kein Testergebnis etwas ändern kann, wenn die Beteiligten sich entscheiden, an ihr festzuhalten.