Studie: Wenn sie viel verdient, geht er fremd
finanzielle Abhängigkeit verführt zum Seitensprung

Verführt finanzielle Abhängigkeit zur Untreue?

16. August 2010, Cornell University, Atlanta. Auf dem Jahreskongress der American Sociological Association sorgt eine Studie zum Untreueverhalten für Wirbel. Studienleiterin Christin Munsch sagt: »Männer, die von ihren Partnerinnen finanziell abhängig sind, gehen fünfmal häufiger fremd als Männer mit eigenem Einkommen!«

Zusammenhang zwischen Verdienst und Untreue

Für die Studie wurden Paare zwischen 18 und 28 Jahren zu Treueverhalten und Einkommensverhältnissen befragt. Ergebnis: Einkommensschwache oder arbeitslose Männer, die von den Einkünften ihrer Partnerin leben, neigen bis zu fünfmal häufiger zu Seitensprüngen als finanziell unabhängige Männer. Umgekehrt gehen Frauen ohne eigenes Einkommen seltener fremd.

Begründen lässt sich laut Studienleiterin Munsch dieses Verhalten damit, dass Männer sich aufgrund fehlender Einkünfte in ihrer Potenz beeinträchtigt sehen und daher unbewusst ihre Männlichkeit anderweitig unter Beweis stellen müssen. Kann die traditionelle Rolle als Ernährer nicht gelebt werden, entstehen Minderwertigkeitsgefühle, die sich in einem gesteigerten Fremdgeh-Drang manifestieren.

Am anderen Ende der Skala zeigt sich genau der umgekehrte Effekt: Männer, die deutlich mehr verdienen als ihre Partnerin, gehen ebenfalls häufiger fremd, als wenn beide das selbe Einkommen erwirtschaften. Hier wird die Seitensprung-Häufigkeit damit begründet, dass beruflich erfolgreiche Männer sexuell anziehender und potenter seien als finanziell abhängige, außerdem häufiger auf Reisen und daher zwangsläufig ständig neuen Verlockungen ausgesetzt. Soweit die Interpretation der Studienergebnisse.

Studienaufbau und Teilnehmerdaten werfen Fragen auf

So interessant das Ergebnis scheint, bei näherem Hinsehen wird klar: Die Studie weist logische Brüche auf. Dies beginnt bereits bei der befragten Teilnehmergruppe.

Im Alter von 18 bis 28 von »finanzieller Abhängigkeit« zu sprechen, ist nicht unproblematisch. Die meisten 18-jährigen sind finanziell abhängig, ob von den Eltern oder staatlichen Zuwendungen. In diesem Alter leben viele junge Männer und Frauen sogar noch zuhause. Statt festem Einkommen stehen Abitur, Zivildienst oder Bundeswehr, das erste eigene Auto, Ausbildung und/oder Studium auf dem Plan. Bei vielen geschieht auch einiges davon parallel oder dicht hintereinander. Berufsanfänger, Auszubildende und Studienabgänger verfügen daher idR noch nicht über ein nennenswertes Einkommen, von dem zwei Menschen leben könnten, geschweige denn, dass eine finanzielle Abhängigkeit eines arbeitslosen Partners entstehen könnte.

Was ebenfalls fehlt: Angaben über den Bildungsstand der befragten Teilnehmer. Es ist nicht bekannt, aus welchen gesellschaftlichen Schichten die Befragten stammen, und ob es hier signifikante Zusammenhänge gibt. Ebenso wenig gibt es Angaben über Schulbildung, soziales Umfeld und ethnische Herkunft.

Altersgruppe nicht repräsentativ

Die befragten Männer und Frauen stammen mit 18 bis 28 Jahren nicht aus einer »typischen« Fremdgänger-Altersgruppe. In diesem Alter finden sich eher experimentierfreudige Paare, die es mit der Treue (noch) nicht so genau nehmen und ihre sexuellen Interessen relativ spontan ausleben. Am häufigsten gehen Männer und Frauen fremd, die in langjährigen Ehen, Familien mit Kindern oder anderen festen Strukturen leben. Diese werden jedoch erst ab ca. 35 aufgebaut und tauchen in der Studie nicht auf.

Seriöse Forschung oder antifeministische Propaganda?

Laut Studienleiterin Munsch gehen Frauen, die vollständig von ihrem Mann finanziell abhängig sind, zu 50 Prozent seltener fremd als Frauen, die sich selbst versorgen können. Nun ließe sich das relativ plausibel damit begründen, dass berufstätige Frauen deutlich mehr soziale Kontakte haben, stärker auf gutes Aussehen und ein gewinnendes Auftreten achten, aktiver sind und somit auch mehr potenzielle Seitensprung-Partner kennenlernen. Insofern ist das Ergebnis keine Überraschung.

Munsch kommt allerdings zu einem ganz anderen Fazit: »Es ist normal, dass Frauen weniger Geld verdienen als Männer. Also sind sie treu, um ihre Versorgungssituation nicht zu gefährden.«

Und als ob dies im Jahr 2010 noch nicht polemisch genug wäre, bilanziert Munsch weiter: »Für Frauen ist der Zustand der finanziellen Abhängigkeit gesellschaftlich üblich und deshalb nicht so unangenehm.«

Hier verliert die Studie ihre Glaubwürdigkeit und begibt sich in den Bereich der reinen Spekulation. Finanzielle Abhängigkeit von Frauen sei gesellschaftlich üblich und daher nicht unangenehm? Und deshalb seien diese Frauen treu? Was wohl Alice Schwarzer zu dieser Schlussfolgerung sagen würde ...

Diesem Fazit lässt sich selbst vor dem Hintergrund konservativer Gesellschaftsstrukturen in den USA nur schwer folgen. Übertragbar auf die Verhältnisse in Deutschland ist es nicht. Niemand kann bestreiten, dass sich das Leben zu zweit mit genügend verfügbarem Einkommen angenehmer gestalten lässt. Doch die Beziehungsdynamik samt Treueverhalten wird durch den Charakter der beiden Beteiligten geprägt, nicht durch Einkommensverhältnisse.

Eine viel interessantere Frage wäre also: Wodurch entsteht überhaupt das Gefühl von finanzieller Abhängigkeit? Ließe sich dies vermeiden, indem ein Paar das Thema Geld so handhabt, dass kein »Machtgefälle« entstehen kann?

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