Buchautorin Martina Rellin im Interview

»Wenn Frauen gelassener wären, würden Männer öfter über ihre Gefühle sprechen«

Ein Interview mit Martina Rellin

Welche Frau weiß schon, wie ihr Mann sie und ihre Ehe wirklich sieht? In ihrem letzten Buch »Die Wahrheit über meine Ehe« hat die Berliner Journalistin Martina Rellin Frauen aus der Anonymität heraus erzählen lassen, was sie über ihre Männer denken. Für ihr Buch »Göttergatten« hat sie nun umgekehrt die Männer über ihre Ehen befragt. Das Fazit: Wenn Frauen gelasse.ner wären, würden Männer öfter über ihre Gefühle sprechen, sagt Martina Rellin

Buchcover: Göttergatten. Was Männer wirklich über ihre Frauen denkenWie bringt man einen Schweiger zum Sprechen? Was fühlen Männer für ihre Frauen? Was nervt sie, was lieben sie? Im neuen BRIGITTE-Buch Göttergatten von Martina Rellin kommen sie zu Wort. 17 Protokolle versprechen Antworten auf die Frage »Was Männer wirklich über ihre Frauen denken«.

Seitensprung-Fibel.de: Wie haben Sie Ihre männlichen Interviewpartner gefunden und wie haben Sie diese vor allem zum Sprechen gebracht?

Martina Rellin: Ich habe mir überlegt, welche Art Männer ich brauche, also Alter, Berufe, regionale Streuung, dann habe ich mich auf die Suche gemacht – ich bin Journalistin, es ist mein Handwerk, die richtigen Gesprächspartner zu finden. Meine Kunst besteht darin: Ich kann zuhören, und das vorurteilsfrei.

Seitensprung-Fibel.de: Haben Sie die Monologe in irgendeiner Weise bearbeitet oder zensiert? Oder sind das alles O-Töne?

Martina Rellin: Natürlich können Sie nicht viele Stunden Gespräch einfach so unbearbeitet abdrucken – das würde keiner lesen können. Ich habe das Erzählte in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht, doppelt und dreifach Erzähltes – das ergibt sich nämlich in langen Gesprächen – verglichen und die Puzzlestücke zusammengefasst. Kurz: Ich habe an der Form gearbeitet, nie am Inhalt, auch habe ich jedem Mann seine eigene Sprache gelassen.

Seitensprung-Fibel.de: Sie schreiben, anfangs sei Ihnen das „andere“ Erzählen der Männer fremd gewesen. Warum und inwiefern?

Martina Rellin: Männer erzählen direkter als Frauen, ohne Schnörkel, ohne Berechnung der Wirkung, Und sie stehen rückhaltlos zu dem, was sie sagen. Das kenne ich aus meinen Gesprächen mit Frauen für meine anderen Bücher anders: Frauen sind geübter, sie haben meist schon mit mehr Menschen über die Dinge gesprochen, die sie mir erzählen.

Seitensprung-Fibel.de: Selbstschutz, Rücksicht oder Faulheit: Warum „verschweigen“ Männer ihren Frauen viele ihrer Gedanken?

Martina Rellin: Männer verschweigen doch nicht, das ist eine schon fast borniert zu nennende Frauensicht. Die Frage könnte auch heißen: Warum müssen Frauen immer alles alles alles wissen, warum nerven sie so?

Seitensprung-Fibel.de: Besser fragen oder besser schweigen: Was können Frauen aus Ihren Männerinterviews lernen?

Martina Rellin: Fünfe gerade sein lassen. Auch mal die Klappe halten.

Seitensprung-Fibel.de: Glauben Sie, dass mehr Offenheit in der Beziehung - also intensive Gespräche über die Wünsche, Bedürfnisse und auch die Unzufriedenheit der Partner - zu mehr Treue und so auch zu weniger Seitensprüngen in Beziehungen führen kann?

Martina Rellin: Nein. Man kann auch alles tot reden.

Seitensprung-Fibel.de: Einige Männer berichten über Ihre Seitensprünge – glauben Sie, dass Männer eher als Frauen gefährdet sind, in Liebesdingen abtrünnig zu werden?

Martina Rellin: Rechnen Sie doch mal: eins und eins macht zwei. Ich hasse dieses Gequatsche, Männer seien untreuer als Frauen. Vor zehn Jahren habe ich das Buch „Ich habe einen Liebhaber. Frauen erzählen von ihren Begegnungen mit dem ganz besonderen Mann veröffentlich", das war dann übrigens stern-Titelgeschichte. Es hat aufgeräumt mit der Vorstellung, beim Fremdgehen seien Frauen Opfer, also die hingehaltene, alleinstehende Geliebte wartet ungeduldig und verschämt auf den verheirateten Mann. Wir leben doch nicht mehr vorgestern: Frauen sind genauso aktiv in ihrer Lebensgestaltung wie Männer, das macht auch vor Liebe, Lust und Leidenschaft nicht halt

Seitensprung-Fibel.de: Für Ihren Interviewpartner Josef (S. 182 ff.) steht fest: Er wird immer mit seiner Frau zusammenbleiben – obwohl die körperliche und auch seelische Liebe längst gestorben ist. Deuten Sie das als Bequemlichkeit? Oder ist Josef ein Paradebeispiel für den richtig treuen Mann?

Martina Rellin: Hallo? Bequemlichkeit? Josephs Frau hat eine psychische Erkrankung – es ist großartig, dass er bei ihr bleibt. Was Sie in Ihrer Frage mit "körperlicher und seelischer" Liebe meinen, ist doch eher die rosabrillige Verliebtheit der Anfangszeit. So viele Paare leben einen vernünftigen Alltag miteinander, sie haben Kinder, Familie – wenn dann einer der Partner außerehelich liebt, und trotzdem bei der Familie bleibt – das ist eine echte Leistung. Nicht einfach alles hinschmeißen für eine andere oder einen anderen, mit dem es nach dem Neuanfang vielleicht ähnlich wäre wie mit dem alten Partner, nämlich: irgendwas fehlt immer.

Liebe Frau Martina Rellin, wir danken Ihnen herzlich für dieses Gespräch!



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