Karin Müller ist Chefredakteurin und war in der Position der Geliebten

»Schluss mit dem Gejammer und Gezeter – Geliebte, tretet endlich aus dem Liebesschatten!«

Ein Interview mit Karin Müller

Schluss mit dem Gejammer und Gezeter – Geliebte, tretet endlich aus dem Liebesschatten! Das fordert Karin Müller. Gemeinsam mit dem Paartherapeuten Henri Guttmann hat die Schweizer Journalistin mit langjähriger Berufserfahrung, unter anderem als Chefredakteurin der Schweizer Frauenzeitschrift Edelweiss, einen Miniratgeber für Geliebte geschrieben. Denn die kämen in der Diskussion um Affären und Seitensprünge meist zu kurz oder würden der Einfachheit halber gleich mal an den Pranger gestellt.

Buchcover: Schattenmenschen ins Rampenlicht! »Hallo, ich liebe Ihren Mann«Sehr anschaulich skizziert Karin Müller in dem Sachbuch die undankbare Rolle der Geliebten und ermuntert zu selbstbewusster Offenheit. Denn die Liebe zu einem vergebenen Mann oder einer verheirateten Frau ist kein Grund zu Scham oder Schuldgefühlen. Jedem könne das passieren. Die große Frage ist nur, wie wir damit umgehen.

In »Hallo, ich liebe Ihren Mann« propagiert das Autorenduo Klartext: Wenn der Mann, den Sie lieben, nicht zu Ihrer Affäre steht, dann sollten Sie reinen Tisch machen und wenn's sein muss, sogar selbst zur Flasche greifen und der Ehefrau reinen Wein einschenken. Eine mutige Anleitung zum Umgang mit dem Geliebtenstatus ist das – Karin Müller spricht hier auch aus eigener Erfahrung. Denn erst kürzlich beendete sie selbst eine langjährige Außenbeziehung.

Wir haben mit Karin Müller über ihre ganz persönlichen Erfahrungen als Geliebte in einer Dreiecksbeziehung gesprochen.

Seitensprung-Fibel.de: Warum haben Sie ein Buch über Geliebte geschrieben?

Karin Müller: Weil ich zunehmend im Freundeskreis damit konfrontiert wurde. Entweder outete sich plötzlich eine Freundin, seit 15 Jahren eine Außenbeziehung zu führen. Oder ich hörte von einem guten Kollegen, dass er sooo verliebt sei…aber nicht in seine Frau. Da packte mich die journalistische Neugier. Denn Ratgeber für betrogene Ehepartner gibt es massenweise. Doch selten denkt jemand an den Schattenmenschen. Also an den Dritten im Bunde, der meist auf der Strecke bleibt. Und das wollte ich ändern.

Seitensprung-Fibel.de: Sie waren selbst einige Jahre die Geliebte eines verheirateten Mannes. Wie sind Sie da »hineingeraten«?

Karin Müller: Ich hatte gerade eine eher anstrengende Partnerschaft beendet und wollte mich vorläufig nicht binden. Rund ein Jahr nach der Trennung entdeckte ich im Internet diese Flirtplattformen. Und ich war erstaunt, dass sich Männer mit Bild für eine Affäre anboten. Zu Beginn waren es harmlose Flirts per Chat. Dann lernte ich plötzlich diesen Mann kennen. Es war sofort ein Knistern zwischen uns. Wir verabredeten uns in einer Bar. Und es stellte sich heraus, dass er denselben Beruf hatte wie meine Schwester. Dadurch entstand sofort eine besondere Nähe und ein guter intellektueller Austausch.

Seitensprung-Fibel.de: Und dann?

Karin Müller: Ich ging heim und wollte ihn wiedersehen. Ihm ging es genau gleich. Aus einem One-Night-Stand wurden drei Jahre.

Seitensprung-Fibel.de: Was waren Ihre schönsten Momente als Geliebte und auf welche Erfahrung in der Außenbeziehung hätten Sie gerne verzichtet?

Karin Müller: Zu Beginn waren es sicherlich die viele Aufmerksamkeit, die Blumen und Geschenke. Er bekochte mich und ich fühlte mich in meinem Frausein wieder so richtig toll. Sehr gut verzichten können hätte ich auf alle Lügereien. Denn belogen wird nicht nur die Ehefrau, sondern das ganze Umfeld. Auch die Geliebte. Und lügen kann er sehr gut.

Seitensprung-Fibel.de: Diese Außenbeziehung haben Sie vor kurzem beendet. Warum?

Karin Müller: Weil mir diese Verbindung psychisch zusetzte. Schattenmensch sein bedeutet auch, möglichst keine Ansprüche zu stellen, immer gut drauf zu sein, immer dann verfügbar zu sein, wenn es für den gebundenen Partner möglich ist. Das kostet sehr viel Energie und es kann auch demütigend sein.

Seitensprung-Fibel.de: Wie ist Ihnen der Absprung nach so langer Zeit gelungen?

Karin Müller: Es war sehr sehr sehr schwer. Ich hatte Angst, mich in Luft aufzulösen. Und am meisten zu schaffen machte mir die Tatsache, dass ich in seinem Leben so keinen Wert hatte. Ich wusste, dass er vielleicht einen oder zwei Monate niemanden haben würde und sich dann wieder eine neue Affäre organisieren würde. Das zu wissen verletzte mich sehr. Mir half die Unterstützung einer erfahrenen Psychotherapeutin. Sonst hätte ich es nicht geschafft.

Seitensprung-Fibel.de: Was kam danach: Erleichterung, Wut oder Bedauern?

Karin Müller: Erst kommt die Erleichterung. Und nach einigen Wochen folgt das »Schönreden« der Situation. Dann kommen knallharte Entzugserscheinungen. Deshalb sagte ich immer zu Paartherapeuten: Erfindet die Übergangsdroge, um möglichst einfach von einem Menschen loszukommen.

Seitensprung-Fibel.de: Würden Sie es noch einmal tun oder halten Sie jetzt bewusst Abstand zu vergebenen Männern?

Karin Müller: Ich tue es bestimmt nie mehr. Ich traue Aussagen von Männern generell nicht mehr, die behaupten, getrennt zu leben. Aufgrund meiner hohen Sensitivität eigne ich mich ganz und gar nicht für solche Spielchen.

Seitensprung-Fibel.de: In Ihrem Buch ist fast immer von der Geliebten die Rede. Ist das Schattendasein in der Liebe Ihrer Meinung nach weiblich?

Karin Müller: Zum großen Teil ja. Ich kenne vereinzelte Männer, die in denselben Mustern mit einer gebundenen Frau leben. Meist stellen diese Männer schneller eine Forderung. Schattenfrauen hingegen sind hingebungswilliger und wohl auch leidensfähiger.

Seitensprung-Fibel.de: Was würden Sie Frauen raten, die seit Jahren ein Dasein als Zweitfrau leben?

Karin Müller: Grundsätzlich sollte man sich überlegen, warum man diese Beziehungsform ausgewählt hat. Möchte man wirklich ab und zu etwas Sex und sonst alleine leben? Hofft man insgeheim, der Liebhaber würde die Qualitäten noch erkennen und sich trennen von der aktuellen Frau? Was steckt wirklich dahinter, dass ich eine Affäre lebe? Was gibt mir der Affärenmann ganz persönlich?

Seitensprung-Fibel.de: Wenn alle Beteiligten mit dem Dreiecksverhältnis leben können, ist alles gut, schreiben Sie. Ist die Liebe auf mehreren Kanälen langfristig möglich?

Karin Müller: Das halte ich für eine Utopie. Ich denke auch, dass die Gartenlösung, wie sie in unserem Miniratgeber propagiert wird, hilft, sich über seine Partnerschaft und die Gründe für eine Außenbeziehung klar zu werden. Aber dass jemand jahrelang in einer Beziehung zu Dritt lebt halte ich für unmöglich. Nur als Affäre, nicht aber als offengelegte Partnerschaft. Natürlich gibt es Tausende von Frauen, die meist aus Statusgründen still tolerieren, wenn ihr Mann Affären lebt. Wichtig ist, dass sich das Paar ausgesprochen hat, was auf der erotischen Ebene für beide gehen soll und wo Grenzen zu setzen sind. Denn was die Partner verletzt ist nicht der Sex mit einem anderen. Es sind die Lügen und der Vertrauensmissbrauch.

Liebe Frau Karin Müller, wir danken Ihnen herzlich für dieses Gespräch!



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