Eine Affäre aus heiterem Himmel? Jan (38) hat eine gute Beziehung – und eine Geliebte. Hier berichtet er, warum er fremdgeht, obwohl seine Partnerschaft stimmt.

»Erst meine Affäre hat gezeigt, was mir fehlt«

Eigentlich ist alles perfekt. Jan (Name von der Redaktion geändert) 38 Jahre alt, verheiratet und zweifacher Vater, fühlt sich wohl mit seinem Leben. Beruflich ist er erfolgreich, seine Ehe läuft auch gut. Doch dann verliebt er sich in eine Kollegin – und plötzlich wird ihm bewusst, was ihm in seiner Beziehung fehlt. Aufgeben will er sie deswegen nicht. Jan hat uns erzählt, wie es zu der Affäre kam und in welchem Dilemma er sich jetzt befindet.

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»Alles in allem ist mein Leben vorbildlich«

»Eigentlich wollte ich nicht darüber reden. Wenn ich meine Frau schon betrüge, dann halte ich wenigstens konsequent die Klappe, hab ich mir geschworen. Aber die Dinge haben sich geändert. Vielleicht muss ich jetzt reden, weil ich nicht weiter weiß, und weil die Sache anfängt, aus dem Ruder zu laufen. Dabei hab ich echt gedacht, ich hätte alles im Griff. Aber wenn ich jetzt mal ehrlich bin, muss ich zugeben, dass ich gar nicht so viel nachgedacht habe. Das geht jetzt los, mit dem Nachdenken und dem schlechten Gewissen. Und ich hab wirklich nicht die leiseste Ahnung, wie das alles weitergehen soll.

Aber am besten fange ich von vorne an. Ich bin 38 Jahre alt, Vertriebsleiter in einer kleinen Firma, seit acht Jahren verheiratet, meine Frau ist 36. Wir haben zwei Kinder mit vier und sieben Jahren. Ich bin so einer der modernen Väter, ich gehe morgens nach dem Familienfrühstück aus dem Haus, setze den Kleinen auf dem Weg ins Büro in der Kita ab und komme pünktlich um sechs nach Hause. Dann chauffiere ich zwei Mal in der Woche den Großen zum Fußballtraining und gehe in der Zwischenzeit einkaufen.

Abends lese ich den Jungs immer noch was vor, oder verbringe »Qualitätszeit« mit ihnen. Und am Wochenende hat meine Frau samstags tagsüber immer frei, da zieht sie mit ihren Freundinnen los. Wir Jungs haben dann Männertag und unternehmen was. Sonntags sind wir oft zum Mittagessen bei meinen Schwiegereltern. Sie haben uns das kleine Häuschen mitfinanziert, in dem wir seit zwei Jahren wohnen. Ich komme gut mit ihnen klar, das passt schon. Natürlich haben wir einen netten Freundeskreis, das managt alles meine Frau. Ab und an treffen wir uns mit anderen Paaren, die meisten haben auch Kinder, sind in einer ähnlichen Situation. Meine Frau und ich gehen selten alleine weg, sie hat meistens keine Lust, sich nach einem vollgepackten Kindertag noch hübsch zu machen und dann Geld auszugeben für den Babysitter. Zuhause ist ja auch schön, sagt sie immer. Stimmt auch irgendwie.

Meine alten Kumpels wohnen alle woanders, sind auch verheiratet und haben teilweise Kinder. Da sieht man sich nicht so oft, telefonieren ist auch nicht so unser Ding. Ist aber okay so, wir Männer brauchen nicht dieses Dauergequatsche, da versteht man sich wie früher, auch wenn man sich ewig nicht spricht.

Alles in allem ist mein Leben also vorbildlich, ich hab alles, was ich zum Glücklichsein brauche. Meine Frau ist ein Schatz, wirklich. Sie hat Grundschullehramt studiert und ist während des Referats schwanger geworden mit unserem Großen. Das war für sie kein Problem, sie hat ausgesetzt und weitergemacht, als unser Sohn zwei Jahre alt wurde. Als sie dann fertig war mit dem Referendariat, war sie wieder schwanger. Und dann stand für sie fest: Jetzt hört sie erstmal auf mit Arbeiten. Ich hab als Bürokaufmann angefangen, danach meinen Betriebswirt gemacht und bin in der Firma aufgestiegen.

Das war dann gut so mit der Aufteilung, obwohl ich nie so ein Vater war, der sich aus allem rauszieht. Ich war bei beiden Geburten von Anfang bis Ende dabei, bin in den ersten harten Monaten nachts immer aufgestanden und hab meiner Frau das Baby zum Stillen gebracht. Ich hab meinen alten MG, an dem mein Herz hing, verkauft, um eine Familienkutsche zu finanzieren, ich hab mit dem Rauchen ganz aufgehört und bin auf keine Konzerte mehr gegangen. Ich baue bei jedem Kitafest die Tische auf und bin Elternsprecher in der Klasse von meinem älteren Sohn. Wenn meine Frau es will, fahre ich mit ihr stundenlang durch Möbelhäuser, damit sie neue Vorhänge aussuchen kann. Als Vater und Ehemann bringe ich vollen Einsatz, finde ich.

»Ich habe eine Affäre, ich schlafe mit einer anderen Frau, ich bin scharf auf sie, ich will sie, ich lüge dafür«

Warum erzähl ich das eigentlich alles? Wahrscheinlich, weil ich mich rechtfertigen will, zeigen möchte, dass ich gar nicht so schlimm bin, kein böser Mann, der seine Frau bescheißt. Aber wenn man es streng sieht, ist es so: Ich habe eine Affäre, ich schlafe mit einer anderen Frau, ich bin scharf auf sie, ich will sie, ich lüge dafür. Und ob mir das jetzt einer glaubt, oder nicht: Es ist einfach so passiert. Meine Frau sieht gut aus, ist lustig, nervt nicht und steht voll hinter mir. Wer sie kennt, und wüsste, dass ich eine Geliebte habe, der würde bestimmt den Kopf schütteln. »Wie kann der so einen Mist machen?« Genau das frage ich mich auch oft genug.

M. ist eigentlich gar nicht mein Typ, ich glaub, sie wäre mir normalerweise gar nicht aufgefallen. Sie kam als Marketingleiterin neu in unsere Firma, und als sie mir vorgestellt wurde, hat sich bei mir nichts gerührt. Sie ist zwei Jahre älter als ich, für eine Frau groß, hat einen kleinen Busen und ist ziemlich kräftig. Ich weiß, wie das klingt, aber das meine ich nicht abwertend, ich bin einfach selbst noch immer erstaunt, wie sich das entwickelt hat. Naja, ich war sowieso der Typ Mann, der nie im Leben damit gerechnet hätte, jemals untreu zu werden. Ich liebe meine Frau auf eine entspannte Art, wir haben uns so viel aufgebaut, alles ist gut, halt nicht aufregend. Dass mir was fehlt, hab ich nicht kapiert. Was mir fehlt, ist mir erst durch M. klargeworden.

Wir mussten dann enger zusammenarbeiten, sie als Marketingtante, ich als Vertriebschef. Wir haben uns gleich super verstanden. Da war so ein Einverständnis, so eine Inspiration, auch wenn das jetzt schwülstig klingt. Ich fühlte mich intellektuell angesprochen von ihr, ihre Klugheit war verdammt sexy, ihr Auftreten hat mich beeindruckt. Und von Beginn an lag Erotik in der Luft zwischen uns. Da bin ich dann plötzlich doch länger im Büro geblieben, hab meiner Frau gesagt, das neue Projekt würde mich jetzt fordern. Das war ja auch nicht gelogen. Wir hatten eine neue Vertriebsstrategie entwickelt, die mussten wir durchbringen.

»Es war so, als hätte ich ein Stück Freiheit zurückgewonnen«

Meine Frau hat alles verstanden, war okay für sie. Und ich hab's genossen, weil es so war, als hätte ich wieder ein kleines Stück Freiheit zurückgewonnen. Nicht mehr so völlig rational und eingespannt, wieder mal was machen, was nur gut für mich ist. M. und ich wurden das Dreamteam der Firma, weil wir das neue Projekt erfolgreich durchbrachten und alle dafür begeisterten. Unser Einsatz wurde überall gelobt, dass wir manchmal bis 22 oder 23 Uhr Zweiermeetings hatten, fand unser Chef sensationell.

Dass wir nach ein paar Wochen auf dem Sofa in meinem Büro landeten, hat, glaub ich, keiner geahnt. Es passierte einfach so. Klar, M. hat mit mir geflirtet. Ja, sie stand auf mich, das wurde mir schnell klar. Aber ich hab das erstmal als Ansporn gesehen, fühlte mich geschmeichelt und hab's genossen, so direkt mal wieder von einer Frau gezeigt zu bekommen, dass sie mich attraktiv findet. Für meine Frau war ich ja lange schon nur noch der gute »Papi«, der Ernährer und Beschützer, mehr aber nicht.

»Sex ist nie das Top-Thema zwischen meiner Frau und mir gewesen«

Sex, ja darüber sollte ich reden. Dass bei Sylvia und mir im Bett schon ewig nichts mehr wirklich lief, hab ich vor M. akzeptiert. Sex ist nie das Top-Thema zwischen uns gewesen. Ja, es hatte Leidenschaft gegeben, ich fand sie attraktiv, da war erotische Anziehungskraft. Aber als dann die Kinder kamen, sind wir zum unregelmäßigen Pflicht-GV übergegangen, wie das halt so ist bei Paaren. Hab mir nichts weiter gedacht, öfter mal auf Handbetrieb geschaltet und mir Pornos im Internet angeschaut. Alles im normalen Bereich.

Dass Sylvia Zungenküsse vor den Kindern peinlich waren, und sie nicht in aller Öffentlichkeit von mir heiß umarmt werden wollte, konnte ich ja verstehen. Und dass sie bei dem Stress abends keinen Bock auf eine heiße Nacht hat, auch irgendwie. Also hab ich das alles akzeptiert, hab zugelassen, dass das letzte Fünkchen Körperlichkeit aus unserem Leben verschwand. Hat mir auch nicht wirklich gefehlt, ganz ehrlich. Ich war ja beschäftigt, abgelenkt. Hab mal gelesen, dass Männer sich ihren Sexfrust wegarbeiten, also schuften ohne Ende, wenn sie im Bett nicht mehr auf ihre Kosten kommen. War wohl bei mir wirklich so.

M. hat mir wieder zeigt, wie geil Sex sein kann«

Dann kam M.. Mit ihr ist es gigantisch. Anders, aufregender, spontaner. Und verboten, das hat sicher dazu beigetragen, dass es schnell abging zwischen uns. Seit sieben Wochen geht das jetzt, wir sind sehr vorsichtig, tun alles dafür, dass es niemand in der Firma mitbekommt.

Auch wenn das jetzt wie eine billige Ausrede wirkt, muss ich sagen, dass M. etwas in mir angestoßen hat, was ich irgendwie unterdrückt habe. Ich war nie der Frauenschwarm, in Sexsachen eher zurückhaltend. Vor meiner Frau hatte ich zwei feste Beziehungen, hatte Erfahrungen nur mit vier Frauen. Das war in Ordnung so, ich hatte nicht das Gefühl, was verpasst zu haben. Das kam erst mit M., die mir immer wieder zeigt, wie geil Sex sein kann. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich so richtig verliebt bin, es ist mehr so eine Sehnsucht, die an mir nagt. Ich kann die Finger nicht von M. lassen, es ist wie ein Drang, dem ich nicht widerstehen kann. Oder will ich es einfach nicht?

M. wusste von Anfang an, dass ich verheiratet bin, ich hab's ihr immer wieder gesagt. Auch, dass Trennung für mich nicht infrage kommt und sie sich überlegen soll, auf was sie sich da einlässt. Sie ist Single, hat letztes Jahr eine Scheidung hinter sich gebracht, Kinder waren für sie nie ein Thema. Sie nimmt sich, was sie braucht und lebt ihre Leidenschaft, sagt sie. Stellt keine Ansprüche, genießt das Hier und Jetzt und will sich keine Gedanken machen, wie es weitergeht. Ich dagegen schon. Ich muss es machen, weil ich Verantwortung trage und schon Schiss hab, dass die Affäre auffliegt und ich damit meine Familie kaputt mache.

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Wohin soll die Affäre führen?

Meine Frau ahnt nichts, da bin ich sicher. M. und ich verabreden uns nie fest, wir nutzen die Gelegenheit, wenn sie sich bietet. Wir schreiben uns keine Nachrichten, telefonieren nie außerhalb von der Firma und reden so gut wie nicht über »uns«. Zwei- oder dreimal in der Woche lassen wir es uns gutgehen – so drückt es M. aus. Dann geht jeder wieder seiner Wege. Und ich schleppe mein schlechtes Gewissen mit nach Hause. Was soll ich tun? Diese Frage macht mich fertig. Soll ich meiner Frau alles beichten und die Sache als Ausrutscher hinstellen? Soll ich so weitermachen, bis es sich irgendwann von selbst erledigt? Oder bis die Sache auffliegt, und mir die Entscheidung so abgenommen wird?

Für meine Frau ist alles so prima, für sie ist das wichtigste, dass ich meine Rolle gut ausfülle, sie ist vollkommen zufrieden als Hausfrau und Mutter. Unsere Beziehung läuft für sie, nach außen hin ist die Fassade perfekt. Wir streiten auch nicht viel. Und wenn, dann immer nett, nie vorwurfsvoll. Manchmal in den letzten Wochen kam mir schon der Gedanke, dass wir ihr Leben führen, so wie sich meine Frau das vorstellt, und ich falle hinten runter. Werde mir selbst untreu, wenn ich meine leidenschaftlichen Bedürfnisse unterdrücke.

Ich wüsste gerne, ob meine Affäre ein Zeichen dafür ist, dass meine Ehe schlecht ist, dass da was nicht stimmt. Vor M. hab ich nie an so was gedacht, hab es einfach hingenommen, alles. Und jetzt bin ich ratlos, hab keine Ahnung, was ich tun soll, was richtig ist. Beichten und mit meiner Ehe so weitermachen, geht wohl auch nicht. Wenn meine Frau von meiner Affäre erfährt, reißt sie mir sicher den Kopf ab, das verzeiht sie mir nicht so schnell. Und dann sind da noch die Kinder. Ich wüsste auch nicht, wie ich das wiedergutmachen sollte.

Weiter mit M. fremdzugehen, ist auch eine fragwürdige Option. Denn: Wohin soll das führen? Ich hab auch Angst davor, dass aus der Leidenschaft irgendwann doch mehr wird und M. Ansprüche stellt, auch wenn sie jetzt behauptet, das würde sie niemals tun. Man weiß ja, wie so was läuft. Das kann nur schiefgehen. Also stehe ich jetzt da und kann nicht vor, aber auch nicht zurück. Und fühle mich schlecht dabei. Wie komme ich aus der Situation bloß wieder raus? Ich wär froh, wenn mir das jemand sagen könnte.«

Lieber Jan, wir danken Ihnen herzlich für diesen Erfahrungsbericht!